COVID-19: Mehr Unterstützung für Afghanistan und seine Nachbarländer benötigt
COVID-19: Mehr Unterstützung für Afghanistan und seine Nachbarländer benötigt
UNHCR appelliert im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie für mehr Unterstützung für Afghanistan, Pakistan und den Iran und warnt davor, dass ein Zurücklassen der Afghan*innen und ihrer Gastgebergemeinden weitreichende und negative Auswirkungen auf die weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Virus haben wird.
Das Coronavirus stellt eine sehr grosse Bedrohung für die Entwicklungsländer dar. Ein Ausbruch würde die ohnehin schon anfälligen lokalen Gesundheitssysteme ausserordentlich belasten und wahrscheinlich zu vermeidbarem Leid und Tod führen.
Da der Wettlauf gegen die Zeit weltweit weitergeht, appelliert UNHCR an die internationale Gemeinschaft, die Solidarität mit allen drei Ländern zu stärken und in dieser kritischen Zeit einen grösseren Ausbruch des Coronavirus unter den am stärksten gefährdeten Gemeinschaften zu verhindern.
Trotz anhaltender Risiken und Unsicherheit kehren viele Afghan*innen sowohl aus dem Iran als auch aus Pakistan wieder nach Afghanistan zurück. Zehntausende afghanischer Bürger*innen sind seit der vorübergehenden Wiederöffnung der Grenze in der vergangenen Woche von Pakistan nach Afghanistan zurückgereist. Während die Zahl der aus dem Iran zurückkehrenden Afghan*innen im März mit etwa 60.000 ihren Höchststand erreichte, kehren derzeit täglich etwa 1.500 Personen zurück.
Afghanistan sieht sich aufgrund des dramatischen Anstiegs der heimkehrenden Afghan*innen mit der Aussicht auf überlastete medizinische und soziale Dienste konfrontiert. Hunderttausende Menschen in den Vertreibungsgebieten und steigende Armut könnten die Folge sein.
Pakistan und Iran, die rund 90 Prozent der weltweit 2,7 Millionen afghanischen Flüchtlinge aufgenommen haben, sind einer immensen Belastung ihres Gesundheitssystems und ihrer Wirtschaft ausgesetzt. Durch Abriegelungsmassnahmen und den starken Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität können viele afghanische Flüchtlinge ihre grundlegendsten Bedürfnisse nicht mehr befriedigen.
Für afghanische Flüchtlinge im Iran und in Pakistan gehen die Auswirkungen von COVID-19 weit über die Gesundheit hinaus. In beiden Ländern werden die Erwerbstätigen in der Regel als Tagelöhner*innen angestellt. Inmitten verschiedener Ebenen der Abriegelung in der gesamten Region hat diese Arbeit abrupt aufgehört, und Flüchtlinge ohne Einkommen und ihre Gastgeber kämpfen um ihr wirtschaftliches Überleben.
Afghan*innen im Iran und in Pakistan berichten weithin über ernsthafte Schwierigkeiten bei der Bezahlung der medizinischen Kosten und der Deckung der elementarsten Lebenshaltungskosten für Nahrung und Unterkunft. Das führt in weiterer Folge dazu, dass viele gezwungen sind, sich Geld zu leihen.
Im Laufe des letzten Monats hat die staatliche Wohlfahrtsorganisation im Iran einen sehr starken Anstieg der Anfragen nach psychosozialer Unterstützung im Zusammenhang mit COVID-19 gemeldet - ein kritischer Trend, der auch in anderen vom COVID-19 betroffenen Ländern auf der ganzen Welt zu beobachten ist.
Alle drei Regierungen unternehmen konzertierte und lobenswerte Anstrengungen, um die Vertriebenen in die nationalen Pläne und Massnahmen einzubeziehen, benötigen jedoch dringend internationale Unterstützung.
Die Regierung der Islamischen Republik Iran hat als Epizentrums des Ausbruchs in Südwestasien eine beispielhafte Einbeziehung der Afghan*innen auf ihrem Territorium ermöglicht. UNHCR begrüsst die jüngste Bestätigung des Irans, dass Tests und Behandlungen im Zusammenhang mit COVID-19 für alle Personen, auch für Flüchtlinge, kostenlos sind. Darüber hinaus wurde die universelle öffentliche Krankenversicherung des Landes automatisch für Flüchtlinge und iranische Staatsbürger*innen verlängert, wodurch allen Flüchtlingen ein ununterbrochener Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglicht wird.
Auch in Pakistan wurden die zuständigen Abteilungen angewiesen, sowohl Flüchtlinge als auch Binnenvertriebene in die Hilfsmassnahmen einzubeziehen.
In allen drei Ländern passt UNHCR seine Massnahmen ständig an diese einzigartigen Umstände an.
UNHCR hat die Unterstützung für die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen aus dem Iran und Pakistan vorübergehend ausgesetzt, um das Risiko zu verringern, dass sich Flüchtlinge und Mitarbeiter*innen mit dem Virus infizieren.
In Afghanistan unterstützt UNHCR die Präventionsbemühungen der Regierung durch Sensibilisierungsmassnahmen in den am stärksten gefährdeten Gemeinden und Rückkehrgebieten. Autos und Lastwagen mit Lautsprechern fahren durch Städte und Dörfer, um genaue und zuverlässige Informationen zu verbreiten, die Leben retten werden.
UNHCR hilft der Regierung auch dabei, die Rückkehr von Menschen nach Afghanistan besser zu steuern, indem es zusätzliches Personal einstellt, die Teams an der Grenze verstärkt und die Aufnahmeeinrichtungen mit mehr Platz ausstattet. UNHCR hat den Regierungsbeamt*innen, die an der Grenze und in den Gemeinden arbeiten, Masken, Desinfektionsmittel und andere Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt, damit sie sich vor der Verbreitung von COVID-19 schützen können.
Wir sind dabei, weitere Hygienekits zu beschaffen, die an Rückkehrer*innen und Vertriebene sowie an das Personal von Regierungsinstitutionen vor Ort und unseren Partnern verteilt werden sollen. Wir sind dabei, den Bau von Wasser- und Sanitäreinrichtungen auszuweiten und die Unterstützung für die Teams an den Grenzen und die Überwachung der Rückkehrer*innen in Afghanistan weiter zu verstärken.
Im Iran hat UNHCR lebenswichtige Medikamente, medizinische Ausrüstung und persönliche Schutzausrüstung eingeflogen, um die nationalen Gesundheitsdienste zu unterstützen und zu stärken. Um den kritischen Mangel an Hygienematerial im Iran entgegenzuwirken, hat UNHCR auch Seife und Einweg-Papierhandtücher an etwa 7.500 Flüchtlingshaushalte in Flüchtlingssiedlungen im ganzen Land verteilt, deren Lebensumstände auf engstem Raum die Gefährdung durch COVID-19 noch verstärken. Weitere Lufttransporte werden in den kommenden Wochen erwartet.
UNHCR hat seine Kapazität an den Grenzen Afghanistans zum Iran erhöht, um die Kontaktaufnahme mit Personen besser unterstützen zu können. Psychosoziale Unterstützungsdienste arbeiten weiterhin per Telefon.
In Pakistan wurde der Schwerpunkt erneut auf Wasser- und Sanitärprojekte gelegt. UNHCR hat den Gesundheitsabteilungen und Katastrophenschutzbehörden der Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und Punjab zehn voll ausgestattete Krankenwagen und 28 grosse Wohneinheiten zur Verfügung gestellt. Medizinische Ausrüstung und Sanitärprodukte werden auch an ländliche Gesundheitseinrichtungen zur Unterstützung der Flüchtlinge und ihrer Aufnahmegemeinschaften verteilt.
Als Teil der kollektiven Bemühungen zur weltweiten Bekämpfung von COVID-19 wird dringend mehr Unterstützung für Afghanistan, den Iran und Pakistan benötigt. Trotz der Arbeit, die in der gesamten Region geleistet wird, ist die Gefahr gross, die Kontrolle über die Pandemie zu verlieren.
Der für die Situation in Afghanistan erforderliche Finanzierungsappell von UNHCR in Höhe von rund 315 Millionen US-Dollar wird momentan lediglich zu 17 Prozent finanziert.