Preisträger 2018
Preisträger 2018
Die Auszeichnung ist eine Anerkennung für Dr. Atars herausragendes Engagement und seine Hingabe bei der medizinischen Versorgung von über 200.000 Menschen, darunter rund 144.000 Flüchtlinge aus dem sudanesischen Blue Nile State.
Ursprünglich aus Torit, einer Stadt im Süden des Landes, absolvierte Dr. Atar seine medizinische Ausbildung in Ägypten. Als der Krieg 1997 den Staat Blue Nile verwüstete, meldete sich Dr. Atar freiwillig, um denjenigen zu helfen, die dringend medizinische Hilfe benötigten. In Kurmuk, einer kleinen Stadt nahe der Grenze zu Äthiopien, baute er ein Krankenhaus von Grund auf. Er arbeite an der Frontlinie des Konflikts, oft auch während Luftangriffen. Während dieser Jahre lernte Dr. Atar zu improvisieren. Mit den wenigen Materialien, die er zur Verfügung hatte, stoppte er Blutungen und führte Amputationen und andere lebensrettende Verfahren durch.
Auch im Jahr 2011, als durch ein friedliches Unabhängigkeitsreferendum im Süden die jüngste Nation der Welt geschaffen wurde, gingen die Kämpfe weiter - meist entlang der neuen Grenze zwischen Nord und Süd. Zehntausende sudanesischer Flüchtlinge flohen nach Süden als sich die Kämpfe ausbreiteten. Kurmuk versank in Gewalt und Dr. Atar floh mit den Einheimischen und seinen Patienten. Er weigerte sich, sein Krankenhaus aufzugeben und packte im Wettlauf mit der Zeit Ausrüstung und Medikamente in einen Traktor und vier Autos. Die Reise hätte zwei Tage dauern sollen, aber wegen der widrigen Strassenverhältnisse erreichten sie erst einen Monat später die kleine Stadt Bunj im Bezirk Maban im Südsudan und waren endlich Sicherheit.
Als er in Bunj ankam, war die einzige medizinische Einrichtung ein verlassenes Gesundheitszentrum ohne Operationssaal. Dr. Atar führte Operationen durch, indem er Tische stapelte, um einen erhöhten Operationstisch zu schaffen. Er arbeitete über Jahre unermüdlich, warb Mittel von Organisationen ein und bildete in einem Bereich mit wenigen qualifizierten medizinischen Fachkräften junge Menschen zu Krankenschwestern und Hebammen aus.
Die Einrichtung hat keine Anästhesie, das heisst die Ärzte arbeiten mit Spinalnarkose und Ketamin-Injektionen, um Schmerzen zu betäuben. Das einzige Röntgengerät des Krankenhauses ist kaputt, der Operationssaal wird mit einem einzigen Licht beleuchtet, und der Strom wird von alternden Generatoren geliefert, die oft ausfallen. Trotz der vielen Herausforderungen ist es das einzige Krankenhaus im Bundesstaat Oberer Nil und arbeitet regelmässig an seiner Kapazitätsgrenze, sodass Patienten manchmal im Freien warten müssen.
"Wir behandeln jeden hier, egal wer er oder sie ist. Ich bin sehr glücklich, wenn ich merke, dass die Arbeit, die ich geleistet habe, jemanden vor dem Leiden bewahrt oder sein Leben gerettet hat."
Dr. Atar, Gewinner des Nansen-Flüchtlingspreis 2018
In diesem Umfeld arbeitet Dr. Atar manchmal 48 Stunden ohne Pause. Er ist rund um die Uhr auf Abruf erreichbar und bringt pro Woche bis zu sieben Babys durch Kaiserschnitt zur Welt. Das persönliche Opfer, das er bringt, ist enorm. Er lebt in der Nähe des Krankenhauses in einem einfachen Planenzelt, während seine Familie in Nairobi, Kenia, lebt. Er besucht sie nur dreimal im Jahr, um sich von seiner beschwerlichen medizinischen Arbeit zu erholen.
Dr. Atar behandelt alle Pflegebedürftigen unabhängig von ihrem Hintergrund - ein Engagement, das ihm den Respekt der Flüchtlinge und der lokalen Gemeinschaften eingebracht hat. "Wir behandeln jeden hier, egal wer er oder sie ist. Ich bin sehr glücklich, wenn ich merke, dass die Arbeit, die ich geleistet habe, jemanden vor dem Leiden bewahrt oder sein Leben gerettet hat", sagt er. Im Jahr 2017 waren 71 Prozent der Patienten von Dr. Atar Flüchtlinge.
Die Situation im Bezirk Maban ist nach wie vor instabil, mit regelmässigen Gewaltausbrüchen in den letzten Jahren. Nach Angriffen auf das Gelände und die Büros internationaler Hilfsorganisationen im Juli - darunter auch des UNHCR - blieb Dr. Atar zurück, um im Krankenhaus zu arbeiten, auch wenn Mitglieder seines medizinischen Teams gezwungen waren zu gehen.