Flüchtlinge finden bei IKEA ihre Chance
Flüchtlinge finden bei IKEA ihre Chance
Ein lebhaftes Treiben erfüllt IKEA Lyssach an einem Montagmorgen. Familien, Paare und Einzelpersonen durchstreifen die Regale, auf der Suche nach praktischen Möbeln und kreativen Einrichtungsideen. Mitarbeitende stehen bereit, um freundlich zu beraten. Unter ihnen sind auch Adam Ahmad Ramadan und Teshome Yirgaalem, die eine besondere Geschichte zu erzählen haben. Sie kamen als Flüchtlinge in die Schweiz und fanden durch verschiedene Integrationsprogramme ihren Platz im Verkauf bei IKEA.
Adam kam 2015 aus dem Sudan in die Schweiz. Anfangs gestalteten sich das Erlernen der Sprache und das Knüpfen von Kontakten als herausfordernd. 2021 hatte er jedoch die Möglichkeit, die einjährige Integrationsvorlehre INVOL bei IKEA zu absolvieren. Dieses Angebot, welches in diesem Jahr vom Bund verstetigt wird, bereitet anerkannte Flüchtlinge, vorläufig Aufgenommene und Personen mit Schutzstatus S auf die berufliche Grundbildung vor. Der anschliessende Zugang zu einer dualen Berufsbildung mit einem eidgenössischem Berufsattest (EBA) oder einem eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) verspricht eine nachhaltige berufliche Integration. Ausserdem eröffnet er den Weg zur höheren Berufsbildung. So begann Adam nach der Integrationsvorlehre die EBA-Lehre, welche er im Sommer 2024 abschliessen wird. Klarer Ziele sind ihm dabei besonders wichtig: «Wenn du anfängst, dein Ziel zu verfolgen, dann findest du auch Unterstützung», betont Adam.
Neben der Integrationsvorlehre bietet IKEA Schweiz auch zwei weitere Integrationsangebote an: "Ready to Perform" richtet sich an Personen, die bereits über entsprechende Berufserfahrung und/oder Ausbildung verfügen und kein Sprachtraining mehr benötigen. Das Integrationspraktikum hingegen ist für diejenigen gedacht, die ihre sprachlichen Fähigkeiten verbessern müssen, wobei 20% der Arbeitszeit für den Spracherwerb vorgesehen sind.
So stieg auch Teshome bei IKEA ein. Der Familienvater kam 2020 im Rahmen der Familienzusammenführung von Eritrea in die Schweiz. Trotz seines Jura-Studiums und 15-jähriger Erfahrung als Rechtsberater konnte er seinen Beruf in der Schweiz nicht ausüben. Während seines Integrationspraktikums gewann er Einblicke in die Schweizer Arbeitswelt und arbeitete intensiv an seinen Deutschkenntnissen. Nach dem Praktikum fand er eine Anstellung im Verkauf und ist nun seit eineinhalb Jahren bei IKEA tätig. Für Teshome besteht sein grösster Erfolg darin, finanzielle Unabhängigkeit erlangt zu haben. In Zukunft würde er sich gerne im Bereich Marketing weiterbilden. Dabei unterstreicht er, dass Flüchtlinge oft hart arbeiten, um das Leben ihrer Familie zu verbessern, und somit eine wertvolle Ressource für Unternehmen darstellen.
Regula Bächli, Leiterin der Integrationsprogramme bei IKEA Schweiz, erlebt die Teilnehmenden als Menschen mit hoher Resilienz, Anpassungsfähigkeit und einer starken Loyalität gegenüber dem Unternehmen. Positive Auswirkungen sind auch im Team zu spüren: Daniela Taavo, Teshomes Teamleiterin, hat ein gestärktes Gemeinschaftsgefühl und ein achtsameres Miteinander festgestellt. Dies bestätigt auch Cornelia Kobi, Berufsbildnerin Logistik, und hebt hervor, dass die Integrationsprogramme den Mitarbeitenden ermöglichen, sich zu öffnen und Vorurteile abzubauen.
Martin Moll, stellvertretender Geschäftsleiter von IKEA Lyssach, ist überzeugt, dass auch andere Unternehmen Arbeitsintegrationsprogramme für Flüchtlinge anbieten sollten. Er sieht in den Programmen eine Gelegenheit von denen beide Seiten – Unternehmen und Teilnehmende – profitieren können. Dies hat auch eine Studie gezeigt, welche die Erfahrungen von 100 mittleren und grossen Unternehmen in Deutschland analysiert hat, die Flüchtlinge beschäftigen: die Unternehmen konnten eine bessere Marktpositionierung und Produktivität, sowie eine höhere Mitarbeitendenzufriedenheit und verbesserte Bindungsraten erreichen. Kathrin Käser Diallo, Personalleiterin, betont: «Wir geben den Teilnehmenden vielleicht eine erste Chance, aber sie verdienen sich ihren Platz.»
Im Gespräch mit den Mitarbeitenden des IKEA Lyssach lässt sich das Erfolgsrezept heraushören: Die Integrationsprogramme fügen sich nahtlos in die Werte und die Unternehmenskultur von IKEA ein. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Wertschätzung. Herausforderungen sowie Unsicherheiten werden proaktiv angesprochen. Seit IKEA Schweiz 2016 mit den Arbeitsintegration von Flüchtlingen begonnen hat, haben bereits über 250 Personen an den Programmen teilgenommen, und davon sind 60% langfristig bei IKEA geblieben. Nachdem IKEA das Ziel, weltweit 2500 Flüchtlinge in der Arbeitsintegration zu unterstützen, übertroffen hatte, verpflichtete sich das Unternehmen am Globalen Flüchtlingsforum 2023 dazu, bis Ende 2027 weltweit weitere 3000 Flüchtlinge zu unterstützen.