EU-Türkei-Deal: UNHCR ändert Rolle in Griechenland
EU-Türkei-Deal: UNHCR ändert Rolle in Griechenland
GENF, Schweiz - Am vergangenen Sonntag ist das verhandelte Abkommen zwischen der EU und der Türkei in Kraft getreten, das die hohe Anzahl von Neuankömmlingen in Griechenland und Europa reduzieren soll. Bereits am Samstag beschleunigten die griechischen Behörden den Transfer von rund 8.000 Flüchtlingen und Migranten auf das Festland. Ziel der Maßnahme war es, diejenigen, die vor dem 20. März 2016 die Inseln erreicht haben von denen zu trennen, die nach diesem Datum angekommen sind und damit dem neuen Flüchtlingsabkommen unterliegen.
Die Zahl der Neuankünfte auf der Insel Lesbos steigt unterdessen weiter. Bis zum heutigen Dienstagmorgen haben seit Sonntag insgesamt 934 Menschen die griechische Küste erreicht. Sie wurden in einem geschlossenen temporären Unterbringungs- und Registrierungszentrum in Moria, auf der Ostseite der Insel, untergebracht. Die verbleibenden 880 Menschen, die bereits vor dem Stichtag ankamen, sind rund einen Kilometer entfernt in Kara Tepe untergebracht, einer weiterhin offenen und von den lokalen Behörden betriebene Einrichtung.
UNHCR hat bis zu diesem Zeitpunkt die Behörden an den sogenannten „Hotspots“ auf den griechischen Inseln unterstützt. Flüchtlinge und Migranten wurden dort empfangen, unterstützt und registriert. Nach den neuen Regelungen sind diese „Hotspots“ nun zu Hafteinrichtungen geworden. Angesichts dessen und im Einklang mit dem Grundsatz von UNHCR, sofortige Inhaftierungen abzulehnen, hat UNHCR einige Aktivitäten in allen geschlossenen Unterkünften der Inseln ausgesetzt. Dies betrifft den Transport zu und von diesen Standorten. UNHCR wird jedoch weiterhin vor Ort präsent sein, um sicherzustellen, dass Schutzstandards beachtet werden. Zudem informiert UNHCR Schutzsuchende weiterhin über ihre Rechte und Pflichten sowie das Asylverfahren.
UNHCR-Mitarbeiter werden auch weiterhin an den Küsten vor Ort sein, um lebensrettende Hilfe zu leisten (einschließlich dem Transport in Krankenhäuser, falls erforderlich). Neuankömmlinge werden über Asylverfahren in Griechenland informiert, unter anderem auch über Möglichkeiten der Familienzusammenführung und den Zugang zu weiteren Hilfsleistungen. Außerdem werden Menschen mit besonderen Bedürfnissen identifiziert.
UNHCR ist besorgt, dass das EU-Türkei-Abkommen umgesetzt wird, ohne dass die nötigen Absicherungen in Griechenland tatsächlich vorhanden sind. Gegenwärtig verfügt Griechenland weder über ausreichend Kapazitäten auf den Inseln, um Asylanträge zu prüfen, noch können die Menschen, die auf die Prüfung ihrer Anträge warten, angemessen und sicher untergebracht werden.
UNHCR ist kein Vertragspartner des EU-Türkei-Abkommens, noch wird es in Rückführungen oder Inhaftierungen involviert sein. UNHCR wird aber weiterhin die griechischen Behörden dabei unterstützen, angemessene Aufnahmekapazitäten zu schaffen.
Die Unsicherheit macht die Neuankömmlinge nervös. Viele hoffen noch auf die Öffnung der Grenze. Viele haben zudem kein Geld mehr und der Informationsbedarf ist hoch. Die griechische Polizei verteilt Flugblätter auf Arabisch und Persisch, um die Menschen über die Schließung der Grenze zu informieren und um ihnen zu empfehlen, in die vorhandenen Lager zu ziehen, welche bessere Bedingungen bieten. Die Kapazität der nahe gelegenen Lager ist jedoch bereits ausgeschöpft und es müssen weitere Lager eröffnet werden - auch für jene, für die eine Umsiedlung vorgesehen ist.
Währenddessen zelten geschätzte 10.000 - 12.000 Menschen, darunter auch etwa 4.000 Kinder, unter entsetzlichen Umständen in der Nähe der Grenze in Idomeni. Mehrheitlich sind es Familien, vielen von ihnen mit kleinen Kindern. Die hygienische Situation ist besorgniserregend und beeinträchtigt erheblich die Gesundheit der Menschen. Die Menschen verbrennen Plastik und Müll, um sich warm zu halten. UNHCR und seine Partnerorganisationen bemühen sich, die Bedingungen zu verbessern. Das geschieht zum Beispiel durch das Aufstellen größerer Zelte für bis zu 2.400 Menschen, die auch für Familien geeignet sind, und durch das Aufsammeln von Müll. Es wurden mobile Toiletten errichtet, die jedoch nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Es wurden Zelte für gefährdete und besonders schutzbedürftige Familien und Einzelpersonen zur Verfügung gestellt, darunter auch für 30 unbegleitete Kinder. UNHCR besucht unterdessen auch Hafteinrichtungen, in denen unbegleitete Kinder in Schutzhaft genommen werden. Die grundlegende Lebensmittelverteilung ist von mehreren Organisationen aufgebaut worden, genauso wie auch die Ausgabe von Milch, Babynahrung und Windeln.