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Asylkrise in Griechenland und westlichen Balkanstaaten

Medienmitteilungen

Asylkrise in Griechenland und westlichen Balkanstaaten

10 Juli 2015 Auch verfügbar auf:

GENF, Schweiz – Die Zahl der Flüchtlingsankünfte auf den griechischen Inseln steigt weiter. Durchschnittlich sind es bis zu 1.000 Menschen täglich. Seit Anfang des Jahres sind 77.100 Personen auf dem Seeweg nach Griechenland gekommen (Stand 3. Juli). Fast 60 Prozent der Flüchtlinge sind Syrer. Andere Flüchtlinge kommen aus Afghanistan, Irak, Eritrea und Somalia. Die hohen Ankunftszahlen haben in Griechenland zu einer ernsten Krise geführt.

Am Dienstag kenterte ein Boot zwischen den griechischen Inseln Agathonisi und Farmakonisi, das die Türkei mit bis zu 40 Flüchtlingen verlassen hatte. Acht Personen wurden von der griechischen Küstenwache und elf von der türkischen Küstenwache gerettet. Fünf Leichen wurden gefunden und bis zu 16 Personen, die vermutlich ertrunken sind, werden weiterhin vermisst.

Europäische Unterstützung in Griechenland dringend nötig

Die labile Wirtschaftslage Griechenlands und die steigende Anzahl von Neuankömmlingen ist eine große Belastung für die kleinen Inselgemeinschaften. Es mangelt an einer grundlegenden Infrastruktur sowie Hilfseinrichtungen, um angemessen auf die wachsenden humanitären Bedürfnisse zu reagieren. Die Zahl der ankommenden Menschen ist so hoch, dass die Situation trotz aller Anstrengung der Behörden und lokalen Einrichtungen nicht mehr zu bewältigen ist. Eine Reaktion seitens Europa ist dringend notwendig, bevor sich die Lage noch weiter verschlechtert.

Auf der nördlichen Ägäis-Insel Lesbos übersteigt die Zahl der Neuankömmlinge bei weitem die Kapazität des von der Polizei geführten Zentrums in Moria. In Cara Tepe leben mehr als 3.000 Flüchtlinge in einer provisorischen Unterkunft unter schwierigen Voraussetzungen. Weitere 1.000 kampieren außerhalb der Anlage in Moria. Angemessene medizinische Versorgung, fließendes Wasser, Hygiene und Schutz vor den hohen Temperaturen sind kaum vorhanden. UNHCR ist besorgt über das Wohlergehen der Flüchtlinge, insbesondere der schwangeren Frauen und Kinder, die bis zu 60 Kilometer über die Berge zu Fuß bis zur Inselhauptstadt Mytiline gehen. UNHCR begrüßt die jüngste Anpassung der griechischen Rechtsvorschriften, die von strafrechtlicher Verfolgung von Personen absieht, die irregulär eingereisten Personen mitnehmen und ist bereit die Behörden bei der Bewältigung der Transporte von Flüchtlingen zu unterstützen.

Lokale Bevölkerung unterstützt Flüchtlinge

UNHCR organisierte mit Unterstützung einer Partnerorganisation Dolmetscher, die zeitweise der Polizei zur Verfügung stehen, um den Registrierungsprozess auf der Insel Lesbos zu beschleunigen, wo derzeit die Zahl von neu ankommenden Flüchtlingen am Höchsten ist. Aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten bei der Verpflegung wurde auf der Insel Samos die Verteilung von Nahrungsmittel gestoppt. Das Militär übernimmt nun kurzfristig die Verteilung von Lebensmittel. Aufgrund der längeren Wartezeiten während des Registrierungsprozesses kam es auf einigen Inseln, inklusive Samos, zu Spannungen zwischen den Flüchtlingen.

Zusätzliche UNHCR-Mitarbeiter sind bereits an fünf Standorten in der östlichen Ägäis im Einsatz, um Neuankömmlinge, unbegleitete Minderjährige und Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu unterstützen. Als unmittelbare Reaktion auf die zunehmenden humanitären Bedürfnisse, unterstützt UNHCR über die Partnerorganisation Agkalia und die Gemeinde Lesbos die Flüchtlinge mit Trinkwasser und Energie-Riegeln.

Trotz ihrer eigenen prekären Situation haben die meisten Griechen die Flüchtlinge willkommen geheißen und unterstützt. Örtliche Initiativen der Zivilbevölkerung wie NGOs und Freiwilligen, kleinere Betriebe und Touristen kümmern sich um die Verteilung von Nahrungsmitteln, Wasser, Kleidung und sogar um medizinische Grundversorgung.

Auch nach der Überstellung nach Athen sind die Flüchtlinge mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, da es viel zu wenige Unterbringungsmöglichkeiten gibt.

Neunfacher Anstieg bei Asylanträgen am Westbalkan

Ein Großteil der Flüchtlinge, die in Griechenland ankommen, versuchen von dort aus Länder im Westen und Norden Europas zu erreichen. Länder in der Umgebung wie die ehemalige jugoslawische Reupublik Mazedonien oder Serbien berichten von einem starken Anstieg der Flüchtlinge. In der ersten Hälfte dieses Jahres suchten in dieser Region etwa 45.000 Menschen um Asyl an. Dies bedeutet einen fast neunfachen Anstieg an Asylanträgen im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres. Indes stellt dies nur einen Teil der Flüchtlinge dar, die sich in den beiden Ländern aufhalten oder durchreisen, da sich die meisten auf den Weg nach Ungarn und weiter nach Norden machen. Es wird vermutet, dass die Hälfte der Flüchtlinge, die diese Region durchqueren, sich bei den Behörden nicht registrieren lassen und dadurch vermehrt Gewalt und Missbrauch durch Schlepper oder örtliche Gangs ausgesetzt sind. Im Juni ist die Zahl der Flüchtlinge, die von Griechenland nach Mazedonien und Serbien eingereist sind, von 200 auf 1.000 angestiegen. Über 90 Prozent stammen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, dem Irak, Eritrea und Somalia.

Berichte über Push-Backs

Wie auch in Griechenland sind die Kapazitäten dieser Länder völlig überlastet. UNHCR ist über Berichte besorgt, wo Flüchtlinge durch die Grenzpolizei an der Einreise gehindert werden. Einige Flüchtlinge berichten davon, dass sie von Grenzpolizisten gewaltsam an der Einreise gehindert wurden und zurück in die Hände von Schleppern getrieben wurden. Eine Verschärfung der Grenzkontrollen, wie auch die Errichtung eines Zauns durch Ungarn an der Grenze zu Serbien, sind keine Lösung. Die Berichte über verhinderte Einreisen an den Grenzen zwischen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Griechenland sowie zwischen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Serbien sind besorgniserregend, da solche Methoden die Flüchtlinge noch größeren Risiken aussetzen. Zusätzlich verstoßen Push-Backs gegen völkerrechtliche Verpflichtungen der jeweiligen Staaten. Flüchtlinge, oft Frauen und Kinder, stranden häufig an den Grenzen ohne Zugang zu Grundversorgung, wie Nahrung, Wasser und Hygieneprodukte.

Die aktuelle Situation erfordert dringend Maßnahmen basierend auf humanitären Prinzipien, der Gewährleistung von Schutz sowie Solidarität und geteilter Verantwortung sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU. Europa muss hier seiner humanitären Tradition gerecht werden.

UNHCR begrüßt in diesem Zusammenhang die neuerliche Zusage der EU-Mitgliedstaaten, 20.000 Flüchtlinge in der EU aufzunehmen. Ebenso hofft UNHCR, dass Details zur Aufteilung von 40.000 Flüchtlinge,n die sich bereits in der EU befinden, bald finalisiert werden. Dies würde eine große Hilfe und ein deutliches Zeichen der Solidarität für Länder wie Griechenland bedeuten, die mit einer noch nie da gewesenen Anzahl von Neuankömmlingen konfrontiert sind. Diese Vorschläge, selbst wenn sie im Vergleich zu den tatsächlichen Bedürfnissen bescheiden anmuten, sind wichtige erste Schritte in Richtung einer umfassenden Herangehensweise. Mit den wachsenden Herausforderungen müssen auch diese Maßnahmen erweitert werden. Ein wichtiger Eckpfeiler ist ebenso, dass verstärkt daran gearbeitet wird, Menschen, die internationalen Schutz benötigen, eine legale und sichere Einreise nach Europa zu ermöglichen. Ebenso wichtig ist es, die Aufnahmebedingungen und die jeweiligen Asylsysteme zu verbessern, Solidarität mit Ländern zu zeigen, die einen starken Zustrom von Flüchtlingen aufweisen, Ländern in der unmittelbaren Nähe der EU (wie der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Serbien) Unterstützung zu gewähren sowie die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen. UNHCR ist bereit, mit EU-Mitgliedstaaten, Institutionen sowie anderen Partnern zusammen zu arbeiten, um diese Ziele zu erreichen.