„Als Flüchtling habe ich die Auswirkungen der Klimakrise hautnah miterlebt.“
„Als Flüchtling habe ich die Auswirkungen der Klimakrise hautnah miterlebt.“
2017 bin ich tagelang barfuss gegangen, um vor dem Konflikt im Südsudan zu fliehen. Als ich in Uganda ankam, wurde ich in der Palabek-Flüchtlingssiedlung registriert und bekam ein 30 Quadratmeter grosses Grundstück zugewiesen. Auf dem durfte ich ein provisorisches Gebäude bauen und hatte etwas Platz, um ein kleines Feld anzulegen.
Ich fing an, Feuerholz zum Kochen zu sammeln und Bäume zu fällen, um eine Unterkunft zu bauen. Das mir zugewiesene Land war fruchtbar, bewaldet und buschig; die natürlichen Ressourcen waren reichlich vorhanden und ich konnte problemlos genügend Getreide anbauen und Feuerholz finden.
Doch drei Jahre später war der Regen unzuverlässig geworden, die Ernteerträge waren zurückgegangen und es gab kaum noch Baumaterial. Die Schönheit der Gegend war verschwunden und das fruchtbare Land wurde immer knapper. Mit dem Einsetzen der Dürre wuchs die Konkurrenz zwischen den Flüchtlingen und der einheimischen Bevölkerung um die immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen. Genauso wie der Eindruck, dass Flüchtlinge bei der Unterstützung bevorzugt werden. Die Beziehung zwischen den beiden Gemeinschaften begann zu zerbrechen.
Eines Tages, als ich in der Wildnis Baumaterial sammelte, wurde ich von vier Männern gejagt und musste fliehen. Daraufhin liess ich alles zurück, was ich gesammelt hatte.
Andere Flüchtlinge erzählten mir, dass sie auf dem lokalen Markt höhere Preise zahlen mussten und dass Brennholz und Baumaterialien nun entweder in Form von Geld oder im Austausch gegen Arbeit erworben werden mussten.
Die Flüchtlingsgemeinschaft musste Wege finden, um sich an diese neue Realität anzupassen. Ich fragte Amito Rose, meine Nachbarin in der Siedlung, wie sie damit zurechtkommt. Sie sagte: „Ich habe einen Lehmofen gebaut, der weniger Holzkohle verbraucht. Obwohl Holzkohle teuer ist, finde ich es erschwinglicher, als weite Strecken für Brennholz zurückzulegen.“
Der Klimawandel verändert das Wetter in Uganda und verursacht Temperaturanstiege und unregelmässige Regenfälle, die zu Ernte- und Viehverlusten und zunehmender Armut unter den Flüchtlingen und ihren Aufnahmegemeinschaften führen. Dies verschärft verschiedene andere Probleme wie Kriminalität, Schulabbrüche bei Kindern und die geschlechtsspezifische Gewalt steigt.
Auch meine Verwandten, die nach Hause in den Südsudan zurückgekehrt sind, sehen eine Verschlechterung ihres Lebensstandards. Dies ist zwar auf mehrere Faktoren zurückzuführen, darunter die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, wirtschaftliche Herausforderungen und weit verbreitete lokale Gewalt, aber auch auf extreme Wetterbedingungen. Im Jahr 2021 vertrieben Überschwemmungen Hunderttausende Viehhirten aus der nordöstlichen Region des Landes. Sie vertrieben die Bewohner*innen des Bundesstaates Ost-Äquatoria, in dem meine Familie lebte und Getreide anbaute. Dies führte zu heftigen Konflikten und dem Tod von drei meiner Verwandten.
Viele Menschen sind wegen der Dürren und Überschwemmungen in verschiedenen Teilen des Landes auf der Flucht. Einige meiner Verwandten, die in den Südsudan zurückgekehrt waren, kehren nun nach Uganda zurück, weil sie ihre Felder nicht mehr bewirtschaften konnten.
„Ich weiss, dass mein Einsatz etwas bewirken wird. “
Die Klimarealität im Südsudan und in Uganda veranlasst mich, mich für das Klima zu engagieren, um die Katastrophe in beiden Ländern abzuwenden. Ich weiss, dass mein Einsatz etwas bewirken wird.
Im Jahr 2021 gründete ich eine Organisation, The Leads, um auf die dringenden Bedürfnisse unserer Gemeinschaft zu reagieren. Wir unterstützen Flüchtlingskinder und -jugendliche nicht nur dabei, in der Schule zu bleiben, sondern bringen ihnen auch bei, wie sie zum Schutz der Umwelt beitragen können. Wir schulen die Gemeinschaft in der Herstellung verbesserter Lehmöfen, die weniger Holzkohle verbrauchen und fördern das Pflanzen von Bäumen. Jetzt ist sich jede*r der Vorteile von Bäumen bewusst.
Um für eine friedliche Koexistenz zwischen der Flüchtlings- und der Gastgemeinde zu werben, produzierte ich ein Video, in dem Personen aus beiden Gruppen zu sehen sind. Die Vorführung des Videos in beiden Gemeinschaften regte Diskussionen über Massnahmen für eine bessere Zusammenarbeit und gemeinsame Nutzung von Ressourcen an.
Umweltschützer*innen lehren uns seit langem, wie wir nachhaltig mit der Natur koexistieren können, ohne unsere Nahrungsketten zu unterbrechen. Der Klimawandel ist menschengemacht, aber er sollte kein politisches Thema sein: Es geht um Menschenleben. Wir Flüchtlinge kämpfen jeden Tag ums Überleben.
Da die internationale Gemeinschaft, Regierungen, NGOs, Geber*innen und humanitäre Akteur*innen auf der COP27 zusammenkommen, rufe ich sie auf, Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Abschwächung des Klimawandels zu unterstützen. Darüber hinaus Vertriebene und ihre Aufnahmegemeinschaften zu befähigen, die Klimakrise zu bekämpfen und die Umweltverhältnisse wiederherzustellen.
Die Wende in der Klimakrise muss jetzt eingeleitet werden!