900 jemenitische Flüchtlinge in Afrika eingetroffen
900 jemenitische Flüchtlinge in Afrika eingetroffen
SANA´A, Jemen – In den letzten zehn Tagen sind 317 jemenitische Flüchtlinge in Obock, Dschibuti, angekommen. Im somalischen Puntland, im Hafen von Bossaso, in Somaliland sowie in den Häfen von Berbera und Lughaya konnte UNHCR 582 Ankünfte registrieren. Die Mehrheit der Flüchtlinge kommt aus Somalia, aber auch Jemeniten und eine kleine Anzahl von Staatsbürgern aus Äthiopien und Dschibuti waren darunter. Alle erhielten nach ihrer Ankunft Nahrung und Wasser sowie medizinische Hilfe.
Die Flüchtlinge berichten, dass viele Menschen versuchen, den Jemen zu verlassen, aber aufgrund von Treibstoffmangel und den hohen Gebühren der Bootsbesitzer daran gehindert werden. Ein somalischer Staatsbürger, der von seiner Frau und Tochter auf der Flucht vor Bombardierungen in der Hafenstadt Aden getrennt wurde, erzählte, dass er sich drei Tage im Hafen verstecken musste, bevor er einen Platz auf einem Boot bekam. Mit demselben Boot kam auch eine äthiopische Frau, die 2002 im Jemen als Flüchtling anerkannt wurde. Sie habe nicht warten müssen, da die Schmuggler Frauen und Kinder bevorzugt an Bord nehmen, erzählt sie, aber ihr Mann befindet sich immer noch in Aden und wartet auf einen Platz in einem Boot.
UNHCR ist in großer Sorge im Hinblick auf die Gefahren, die eine Flucht über das Rote Meer und den Golf von Aden mit sich bringt, vor allem deshalb, weil es keine Such- und Rettungsoperationen in diesem Bereich gibt. Im letzten Jahr kamen 246 Menschen bei der Überfahrt in den Jemen ums Leben. UNHCR ruft die Bootsbetreiber zu äußerster Vorsicht auf und bittet dringend darum, in Not geratenen Booten Hilfestellung zu leisten. UNHCR appelliert auch an jene Länder, die Schiffe in den Gewässern um den Jemen stationiert haben, bei Rettungen zu helfen. Durch die steigende Nachfrage ist mit überfüllten Booten und gestiegenen Preisen zu rechnen.
In Dschibuti werden Neuankömmlinge im vorläufigen Al-Rahma Transitcamp in der Nähe von Obock registriert und erhalten Nahrung, Wasser sowie medizinische Versorgung. Vier Kilometer davon entfernt, in Markazi, wurde ein Standort für ein künfiges Camp identifziert. In Dschibuti leben bereits 15.000 Flüchtlinge, die Mehrheit kommt aus Somalia. Die meisten leben in zwei Flüchtlingscamps im Süden des Landes. UNHCR entwickelt zur Zeit einen Krisenplan, um 30.000 mögliche Ankünfte von Flüchtlingen in Dschibuti in den nächsten sechs Monaten bewältigen zu können.
In Somaliland und Puntland, Somalia, restauriert UNHCR zwei Gebäude. Diese sollen als Ankunfts- und Transitzentren für Flüchtlinge aus dem Jemen und für aufgrund der Krise zurückkehrende Somali dienen. UNHCR und seine Partner bereiten sich auf bis zu 100.000 Flüchtlinge in den nächsten sechs Monaten vor.
Die Situation im Jemen
UNHCR Hilfe zum Schutz und zur Hilfe der 250.000 Flüchtlinge (vor allem Somali, mit kleineren Gruppen von Menschen aus Eritrea, Äthiopien, dem Irak und Syrien), den 330.000 jemenitischen Binnenvertriebenen sowie Tausenden mehr, die von den Wellen der Gewalt in den letzten zwei Wochen betroffen waren, werden fortgesetzt, soweit es möglich ist. Die Hauptschwierigkeiten für die 115 örtlichen Mitarbeiter von UNHCR und NGO-Partner sind die unsichere Lage und die Treibstoffknappheit.
Im Al Kharaz-Camp im Süden des Jemen werden weiterhin Nahrungsmittel und medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt und auch die Grundschule bleibt offen. Im Camp leben etwa 18.000 somalische Flüchtlinge. UNHCR verstärkt die Bemühungen, Flüchtlinge aus den ländlichen Gebieten nach Al Kharaz umzusiedeln und stellt Unterkünfte und andere Hilfe zu Verfügung. Ebenso nimmt UNHCR weiterhin Verbindung zu gefährdeten Flüchtlingen auf und versucht per Telefon oder E-Mail auch Kontakt in jene Gegenden herzustellen, in denen die Büros geschlossen sind.
In den ländlichen Gebieten sind viele Flüchtlinge in Folge der verstärkten Kampfhandlungen immer stärker gefährdet. Menschen haben ihre Arbeit verloren und sind mit einem erschwerten Zugang zu den verschiedensten Dienstleistungen konfrontiert. UNHCR weiß von sechs Flüchtlingsfamilien in Sana´a, deren Häuser bei den Luftangriffen am 05. April zerstört wurden. Vertreter von Flüchtlingsgruppen haben Listen der verschiedenen Gemeinschaften erstellt, um den Kontakt und die Kommunikation auch weiterhin sichern zu können. UNHCR konzentriert sich vor allem auf Unterstützung für die besonders gefährdeten Flüchtlinge.
Nach wie vor Fluchtbewegung in den Jemen
Trotz der ansteigenden Flüchtlingsströme zum Horn von Afrika, registrierte der jemenitische Rote Halbmond Hunderte von Asylsuchenden, die weiterhin an den Küsten des Jemen ankommen. Diesen verzweifelten Menschen, die zumeist aus Somalia und Äthiopien stammen, ist die aktuelle Lage entweder nicht bekannt oder sie befinden sich in den Händen von Schleppern und können nicht entfliehen. UNHCR hat seine Außenstelle vom Hafen von Bab Al Mandab, einem traditionellen Ankunftshafen, in das Kharaz Camp verlegt, wo sich das Aufnahmezentrum von UNHCR befindet.
Während der letzten Tage konnten Mitarbeiter und Partner von UNHCR die humanitäre Lage in Aden, Lahj, Shabwah, Al Dahl und Al Jawf bewerten. Viele der Binnenvertriebenen leben in Schulen und Krankenhäusern. Andere wohnen bei Verwandten oder Gastfamilien. Decken, Matratzen und andere Hilfsgüter werden dringend benötigt. UNHCR hat Vorräte im Süden des Jemens für 30.000 Menschen (5.000 Familien), aber der Transport zu den Betroffenen wird durch Straßenblockaden und die schlechte Sicherheitslage behindert.
UNHCR-Teams vor Ort berichten, dass es einigen Menschen in den betroffenen Gebieten Sana´a und Sa´ada im Nordwesten nicht möglich war, in sichere Gebiete zu fliehen, da sie die notwendigen finanziellen Mittel nicht besitzen. Überall in den Konfliktgebieten herrscht ein Mangel an Treibstoff und Nahrungsmitteln, der zu einem starken Anstieg der Preise führt. Der Jemen, eines der ärmsten Länder der Region, importiert 90 Prozent der Nahrungsmittel aus dem Ausland. Die Unterbrechung der Versorgung durch die heftigen Konflikte hat verheerende Auswirkungen auf die bereits stark belastete Bevölkerung.
Abschiebungen in den Jemen stoppen
Nachdem nunmehr 14 von 22 Provinzen durch Luftangriffe oder bewaffnete Konflikte betroffen sind, veröffentlichte UNHCR gestern ein Positionspapier mit einem Aufruf an alle Länder der Welt. Diese werden dazu aufgefordert, jemenitischen Flüchtlingen vermehrt Zugang in ihre Territorien zu gestatten. Ebenso wird dazu angehalten, Abschiebungen in den Jemen auszusetzen. UNHCR sieht den Stopp der Abschiebungen als Mindeststandard, zusätzlich sollte die Gewährung von internationalem Schutz gemäß Genfer Konvention oder anderen Schutzformen genau geprüft werden.