Unterbringung während des Asylverfahrens
Unterbringung während des Asylverfahrens
Die Neustrukturierung des Asylverfahrens in der Schweiz bietet eine gute Gelegenheit, die Qualität der Unterbringung in den Bundeszentren, aber auch den kantonalen Zentren, weiter zu stärken.
Das Recht jedes Menschen auf einen angemessenen Lebensstandard ist in verschiedenen Menschenrechtsverträgen garantiert. Dazu gehören unter anderem ausreichende Ernährung, Bekleidung und Unterbringung. Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard berührt weitere Grund- beziehungsweise Menschenrechte, wie beispielsweise das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Dieses Recht gilt nicht nur für Staatsangehörige, sondern für alle Personen, die sich im Staat aufhalten, also auch für Asylsuchende. Auch diese müssen ihre Grundbedürfnisse, befriedigen können. Dies trägt zum Aufbau von Vertrauen zwischen den Beteiligten bei und ermöglicht, das Asylverfahren unter guten Bedingungen durchzuführen, sodass Schutzbedürftige sich auf ihr Asylverfahren konzentrieren können. Während des Dublin-Verfahrens gelten zusätzlich die entsprechenden EU-Standards.
Unterbringung in der Schweiz
Im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen, die die Schweiz eingegangen ist, gibt auch die Bundesverfassung Schutzbedürftigen, die nicht für sich selbst sorgen können, ein Recht auf Unterstützung und die finanziellen Mittel, die für ein menschenwürdiges Leben notwendig sind. Die Unterbringungseinrichtungen von Bund und Kantonen stellen dies sicher.
Das Asylgesetz legt fest, dass das Staatssekretariat für Migration (SEM) und die kantonalen Behörden für die Zuweisung des Aufenthaltsorts zuständig sind. Demnach haben Asylsuchende nicht das Recht, ihren Aufenthaltsort selbst zu wählen. Allerdings sind das SEM und die kantonalen Behörden verpflichtet, den Grundsatz der Einheit der Familie zu beachten, d. h. Familien grundsätzlich zusammen unterzubringen.
Am 1. März 2019 trat eine Revision des Asylverfahrens in Kraft. Deren Ziel ist, die Verfahren gleichzeitig effizient und fair durchzuführen. Erreicht wird dies dadurch, dass alle Gesuche, die schnell entschieden werden können, in einem beschleunigten Verfahren mit kurzen Fristen bearbeitet werden. Den Asylsuchenden steht dafür kostenlose Beratung und Rechtsvertretung zur Verfügung. Die Asylsuchenden werden in einem Bundesasylzentrum (BAZ) in einer der sechs neuen Asylregionen untergebracht. Liegt nach maximal 140 Tagen noch kein Entscheid vor, werden die Asylsuchenden einem Kanton zugeteilt. Für die Unterbringung und Fürsorge sind dann die Kantone zuständig.
Asylsuchende, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gefährden oder den Betrieb der normalen Verfahrenszentren erheblich stören, können einem besonderen Zentrum zugewiesen werden. Menschen, die in besonderen Zentren untergebracht werden, dürfen ein bestimmtes Gebiet nicht betreten oder verlassen. Personen mit einem negativen Asylentscheid, einschliesslich jener die eine Beschwerde eingereicht haben, sowie Personen im Dublin-Verfahren, werden in Bundesasylzentren mit Warte- und Ausreisefunktion untergebracht.
Unterbringung in Würde – die Empfehlungen von UNHCR
UNHCR unterstützt die Behörden gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen dabei, die Qualität des schweizerischen Unterbringungssystems weiter zu stärken. Dafür besucht UNHCR Unterkünfte für Asylsuchende, führt Gespräche mit ExpertInnen, Asylsuchenden und MitarbeiterInnen und spricht Empfehlungen aus. So trägt UNHCR dazu bei, dass menschen- und flüchtlingsrechtliche Standards in den Unterkünften gewährleistet sind.
Zu den wichtigen Zielen von UNHCR im Hinblick auf die Unterbringung von Asylsuchenden in der Schweiz – sowohl in den verschiedenen Bundesasylzentren als auch in den Kantonen – gehören:
- Einschränkungen der Bewegungsfreiheit minimieren. UNHCR setzt sich dafür ein, dass die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden minimiert werden. Beispielsweise dürfen nach Ansicht von UNHCR Unterkünfte nicht so abgelegen sein, dass die Möglichkeiten der Asylsuchenden zur Ortsveränderung, zur Aufnahme von sozialen Kontakten, zur Inanspruchnahme von Beratungseinrichtungen sowie die Alltagsgestaltung begrenzt sind. Dies kann beispielsweise durch eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel gewährleistet werden. Auch bei der Ausgestaltung der besonderen Zentren ist darauf zu achten, dass die Bewegungsfreiheit der Asylsuchenden nicht unverhältnismässig eingeschränkt wird.
- Die Berücksichtigung des Familienlebens. Damit das Recht auf Achtung des Familienlebens von Asylsuchenden gewahrt wird, tritt UNHCR für die gemeinsame Unterbringung von Familienmitgliedern ein.
- Eine faire Ausgestaltung der Regeln des Zusammenlebens. Präventive und deeskalierende Massnahmen wie Aufklärung und soziale Betreuung sind Disziplinarmassnahmen vorzuziehen. Bei der Verhängung von Disziplinarmassnahmen ist rechtlich vorgesehen, dass diese anfechtbar sowie verhältnismässig sind. UNHCR ist es insbesondere ein Anliegen, dass die Zuweisung und Unterbringung in besonderen Zentren menschenrechtlichen Standards genügt.
- Die Achtung der Privatsphäre von Asylsuchenden. UNHCR tritt auch dafür ein, dass die Privatsphäre der Asylsuchenden in den Unterkünften geschützt wird. Dies ist nicht nur rechtlich geboten, sondern fördert auch das friedliche Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund. Der Schutz der Privatsphäre kann unter anderem durch kleine Schlafeinheiten, abschliessbare und geschlechtergetrennte Wohneinheiten, und sanitären Anlagen sowie Rückzugsorte für Asylsuchende gewährleistet werden.
- Die Berücksichtigung von besonderen Bedürfnissen von Asylsuchenden. UNHCR setzt sich dafür ein, dass besondere Bedürfnisse bei der Unterbringung angemessen berücksichtigt werden. Dies betrifft beispielsweise (unbegleitete) Kinder, Personen mit Behinderung, ältere Menschen, Schwangere, Opfer von Menschenhandel, LGBTI-Personen sowie Personen, die schwere Formen von Gewalt erlebt haben. Ein spezieller Schwerpunkt der Arbeit von UNHCR in diesem Bereich liegt auf unbegleiteten asylsuchenden Kindern. Es ist wichtig, dass diese an geschützten, kinderfreundlichen und altersgerechten Orten untergebracht werden.
- Die Sicherstellung der Qualität bei der Unterbringung. UNHCR setzt sich dafür ein, dass die Qualität der Unterbringung durch ein effektives Qualitätsmanagement gewährleistet wird. Dies umfasst transparente und regelmässige Kontrollen sowie die Sicherstellung, dass das Personal die nötigen Qualifikationen vorweisen kann.
Ein Hauptanliegen von UNHCR ist, dass die Unterbringung flüchtlingsvölkerrechtlichen und menschenrechtlichen Standards entspricht. Die Ausgestaltung der Unterbringung hat wichtige Auswirkungen auf das Asylverfahren. Sie trägt zum Aufbau von Vertrauen zwischen den Beteiligten bei und ermöglicht, das Asylverfahren unter guten Bedingungen durchzuführen. Zudem fördert die Art der Unterbringung und die zur Verfügung stehenden Angebote die Integration von Asylsuchenden von Beginn des Verfahrens an.
Die Unterbringung muss schliesslich gewährleisten, dass Schutzsuchende, insbesondere jene mit besonderen Bedürfnissen, während des Asylverfahrens in menschenwürdigen Verhältnissen leben und dadurch in dem neuen Land besser Fuss fassen können.
UNHCR Dokumente zur Unterbringung
UNHCR-Empfehlungen zur Unterbringung von Asylsuchenden in Bundesasylzentren – August 2017
UNHCR-Empfehlungen zur Änderung der Verordnung des EJPD über den Betrieb von Zentren des Bundes und Unterkünften an den Flughäfen (Betriebsverordnung) – April 2018
UNHCR-Empfehlungen zu den Aufnahmestandards für Asylsuchende in der Europäischen Union [EN] – Juli 2000
Weitere Informationen zur Unterbringung
Aufnahmebedingungen in der Schweiz – Asylum Information Database (AIDA) verwaltet durch den European Council on Refugees and Exiles (ECRE) [EN]
European Asylum Support Office – Anleitung zu Aufnahmebedingungen: operative Standards und Indikatoren [EN] – September 2016
European Union Agency for Fundamental Rights – Aktuelle Migrationssituation in der EU: Aufsicht über Aufnahmeeinrichtungen [EN] – September 2017