„Die Menschen dahinter kennen lernen“: Eine Begegnung mit Familien im Zaatari Flüchtlingscamp
„Die Menschen dahinter kennen lernen“: Eine Begegnung mit Familien im Zaatari Flüchtlingscamp
"Ich weiß nicht, was mich erwartet", sagte EU-Botschafterin Maria Hadjitheodosiou noch, als sie an einem trockenen Maiabend in das UNHCR-Fahrzeug stieg, um zu dem Flüchtlingscamp zu fahren, in dem vor ihr noch nie ein Botschafter übernachtet hatte. Unter dem Motto “lange Nacht der Flucht” hat UNHCR eine persönliche Begegnung zwischen Flüchtlingen, die in dem jordanischen Lager Zaatari leben, und der EU-Botschafterin in Jordanien, sowie der Leiterin des englischen Dienstes von Roya TV, Dana Sharayri, organisiert. Beide Frauen trafen sich dort mit syrischen Familien und blieben für eine Nacht in dem Flüchtlingcamp.
In Zaatari angekommen, mischten sich die Botschafterin und die Journalistin in den Marktstraßen, wo man Hochzeitskleider mieten, Gemüse kaufen oder sein Telefon reparieren lassen kann, unter die Menschen. Danach aßen die beiden bei zwei verschiedenen Familien zu Abend.
Journalistin Dana Sharayri wurde von der 49-jährigen Amneh Hassan Khursan, auch bekannt als Umm Ali, eingeladen. Als diese 2014 nach Jordanien floh, war ihr mittlerweile verstorbener Mann noch an ihrer Seite. Zusammen mit ihren drei Kindern brauchten sie 28 Tage, um aus Syrien zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen. Nachts hätten sie gefroren, erinnert sich Umm Ali und ergänzt: "Da ich keine Decke hatte, umarmte ich meine kleinen Kinder fest, um sie warm zu halten".
Als ihr Mann später an einem Herzinfarkt starb, beschloss Umm Ali, die zurück in Syrien Hausfrau war, sich als “Community Mobilizer" für die Nichtregierungsorganisation Oxfam zu engagieren. Jetzt arbeitet sie daran, die lokale Gemeinde für die Notwendigkeit, bestimmte Abfallarten zu trennen, zu sensibilisieren. "Ich arbeite, weil ich möchte, dass meine Kinder ihre Ausbildung abschließen", erklärt sie.
Doch nach dem Schulabschluss einen Studienplatz zu bekommen, ist hier nicht einfach. Die meisten Universitäten in Jordanien verlangen von Ausländern hohe Studiengebühren und Stipendien sind rar. "Egal, was die Leute über die Zeit nach der Schule sagen", so Umm Alis Tochter Zamzam, "ich werde meine Ausbildung beenden." Denn die 14-jährige ist fest entschlossen, Detektivin zu werden. Sie hat die meiste Zeit ihres Lebens in dem Flüchtlingslager verbracht und möchte aus dem Muster ausbrechen, das sie jeden Tag sieht: "Eines Tages möchte ich mich um andere Menschen kümmern, anstatt dass sich Andere um mich kümmern müssen."
Wie “wichtig Resilienz ist” erkannte Botschafterin Hadjitheodosiou nachdem sie mit Hisham Srahan (54), seiner Frau und ihren Kindern und Enkelkindern in dem Container der Familie erst zu Abend gegessen hatte und am nächsten Morgen zum Frühstück wieder gekommen war. Die Familie musste vor zehn Jahren nach Jordanien fliehen. Herr Srahan, der früher mehrere Süßwarengeschäfte in Syrien besaß, betreibt jetzt einen Lebensmittelladen in dem Flüchtlingscamp. Sein Sohn Hussein (27), der inzwischen selbst drei Kinder hat, nutzt seine Arbeitserlaubnis, um auf nahegelegenen Bauernhöfen etwas Geld zu verdienen.
Nach dem Besuch fragte UNHCR beide Seiten, was sie aus den Begegnungen mitnehmen konnten. Journalistin Dana Sharayri meinte: “Als Journalistin geht es immer um Zahlen, Geber, Kosten. Nun konnte ich die Menschen kennenlernen, die dahinterstehen." Hishram Srahan betonte die Wichtigkeit der Solidarität: "Eine Zeit lang dachten wir, wir seien vergessen, aber nach dem Besuch der Botschafterin haben wir das Gefühl, dass die internationale Gemeinschaft den Flüchtlingen immer noch Aufmerksamkeit schenkt.”
Maria Hadjitheodosiou hatte folgende Botschaft nach der gegenseitigen Begegnung: "Ich möchte allen sagen, dass wir dafür sorgen müssen, dass diese Menschen die Hoffnung auf eine Ausbildung für ihre Kinder nicht verlieren. Es ist Teil unserer Verantwortung als internationale Gemeinschaft, diese Hoffnung am Leben zu erhalten."