Close sites icon close
Search form

Nach einer Länderseite suchen.

Länderprofil

Länderseiten

Verantwortung für das globale System des Flüchtlingsschutzes wahrnehmen

Reden und Stellungnahmen

Verantwortung für das globale System des Flüchtlingsschutzes wahrnehmen

Empfehlungen von UNHCR an den 21. Deutschen Bundestag und die zukünftige Bundesregierung.
3. April 2025
UNHCR Jordan

Deutschland unterstützt weltweit humanitäre Hilfe und trägt damit zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Aufnahmeländern wie Jordanien bei.

Das deutsche Asylsystem hat in den öffentlichen Debatten der letzten zwei Jahre und im Wahlkampf eine zentrale Rolle gespielt. Nun gilt es, den Blick nach vorn zu richten und nach praktikablen und gleichzeitig völker- und europarechtskonformen Ansätzen zu suchen, mit denen der effektive Zugang zum Schutz gewährleistet wird und das globale System des Flüchtlingsschutzes gestärkt – und nicht unterminiert – wird.

UNHCR hat die Aufgabe, über die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention zu wachen und sich für den Schutz von Flüchtlingen einzusetzen. Vor dem Hintergrund dieses Mandats und anlässlich der Neukonstitutionierung des Bundestages gibt UNHCR die folgenden Empfehlungen ab.

Themenübergreifend möchte UNHCR dazu ermutigen, die internationalen Auswirkungen der erwogenen Vorschläge stärker in die Betrachtung einzubeziehen. Von der deutschen Flüchtlingspolitik geht eine erhebliche Signalwirkung aus, die in zahlreichen Ländern dieser Welt wahrgenommen wird. Mit seiner starken Rolle als wichtiges Aufnahmeland für Flüchtlinge und als einer der großen Geberländer für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe in Flüchtlingssituationen hat Deutschland in den vergangenen Jahren eine wichtige Leitfunktion eingenommen. Seine Politik hat Auswirkungen auf das globale System des Flüchtlingsschutzes. Wird dieses geschwächt, würden die Möglichkeiten, vor schweren Menschenrechtsverletzungen Schutz zu finden, insgesamt verringert werden oder wegfallen, da zunehmend Staaten auch in anderen Regionen die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern würden. Dabei liegt es zumindest nahe, dass es dann nicht zu weniger, sondern eher zu mehr unkontrollierter und ungesteuerter Migration käme. 

1. Maßnahmen zur Kontrolle und Steuerung von Migration im Rahmen der völker- und europarechtlichen Vorgaben konzipieren.

An den Landgrenzen Zugang zum Asylverfahren gewährleisten.

Deutschland ist gegenüber Personen, die an der Grenze um Schutz nachsuchen, für die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention verantwortlich. Dieser Verantwortung kommt die Bundesrepublik im Grundsatz durch ein Asylverfahren oder zumindest ein Dublin-Verfahren in Deutschland nach.

Eine Zurückweisung an der Grenze wäre vor diesem Hintergrund nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, insbesondere wenn der benachbarte Staat die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention übernimmt, also bereit und in der Lage ist, die Person aufzunehmen und bei Erfüllung der Kriterien für die Flüchtlingseigenschaft effektiven Schutz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewähren. Europarechtlich ist dies von den Verpflichtungen nach dem gegenwärtigen Dublin-III-System überlagert. Demnach ist der Mitgliedstaat, an dessen Grenze ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, an die europarechtlichen Vorschriften für die Prüfung der Zuständigkeit und Überstellung an einen anderen Mitgliedstaat gebunden. Eine ungeprüfte Zurückweisung von Schutzsuchenden an der Grenze läge außerhalb dieses rechtlichen Rahmens. 

Das Vorgehen Deutschlands hat eine außerordentliche Signalwirkung. Das globale System des Flüchtlingsschutzes beruht zentral auf der Auslösung der Verantwortung zur Einhaltung der flüchtlingsvölkerrechtlichen und menschenrechtlichen Verpflichtungen der Staaten durch ein Schutzgesuch insbesondere an der Grenze oder auf dem Territorium. Maßnahmen, die als eine Abschirmung des Landes vor spontan einreisenden Schutzsuchenden verstanden werden können, bergen die Gefahr, das globale System des Flüchtlingsschutzes zu unterminieren. Die Bereitschaft von Staaten in der Nachbarschaft von Krisenherden, ihre Grenzen für Flüchtlinge offenzuhalten, droht dann zu schwinden. Ohne den spontanen Zugang zum Schutz in einem anderen Staat kann die Genfer Flüchtlingskonvention ihre Wirkung nicht entfalten.

Die Auslagerung von Asylverfahren und des Schutzes von Flüchtlingen in sichere Drittstaaten nur verfolgen, wenn damit eine bessere Teilung von Verantwortung (burden sharing) erreicht wird und diese nicht lediglich verschoben wird (burden shifting).

Die Übertragung der Verantwortung unter der Genfer Flüchtlingskonvention an einen sicheren Drittstaat unterliegt rechtlichen Kriterien und birgt praktische Schwierigkeiten, die erhebliche Herausforderungen für eine Realisierung darstellen würden. Gleichzeitig haben Vorschläge in diese Richtung das Potential, sich negativ auf das System des globalen Flüchtlingsschutzes auszuwirken.  

Die Diskussionen und Ansätze in Deutschland und der Europäischen Union werden global wahrgenommen und haben eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung des Flüchtlingsschutzes weltweit. Insofern ist es aus Sicht von UNHCR daher von grundlegender Bedeutung, dass von den Vorschlägen und Diskussionen nicht das Signal ausgeht, man verhindere den Zugang zum Schutz in Deutschland und der Europäischen Union.

Ein Aspekt, der einem solchen Signal entgegenwirken könnte, wäre die transparente Heranziehung des sogenannten Verbindungselements. Dieses sieht vor, dass die Übertragung der Verantwortung auf einen sicheren Drittstaat nur zulässig ist, wenn der Antragsteller eine Verbindung zu dem Drittstaat hat, z.B. aufgrund eines vorherigen Aufenthalts oder familiärer Verbindungen. Auf EU-Ebene wird allerdings überlegt, diese Voraussetzung abzuschaffen. Dem sollte die neue Bundesregierung entgegentreten. Aus Sicht von UNHCR wäre eine Abschaffung des Verbindungselements als Kriterium nicht sinnvoll, da es eine wichtige Voraussetzung ist, um Überstellungen an ein Drittland nachhaltig zu gestalten und ungesteuerter Sekundärmigration entgegenzuwirken.

Es ist im Sinne der völkerrechtlichen Verpflichtungen als Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention wichtig, keine Maßnahmen zu treffen, die das Schutzsystem unterminieren könnten. Ein solches Vorgehen kann aus Sicht von UNHCR zudem kaum im Interesse der internationalen Staatengemeinschaft oder einzelner Staaten wie Deutschland sein.

GEAS-Reform umsetzen und faire und effiziente Asylverfahren stärken.

Die Umsetzungsnormen und Maßnahmen der Implementierung des neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sollten insbesondere sicherstellen, dass vulnerable Personen identifiziert werden, unabhängige Rechtsberatung zur Verfügung steht und ein Monitoringmechanismus etabliert wird, dessen Unabhängigkeit und hinreichende finanzielle Ausstattung garantiert ist. Diese Aspekte sind wichtige Elemente, um ein faires Verfahren zu fördern und eine zügige Verfahrensführung zu begünstigen.

Im Hinblick auf die Standards zur Ermittlung des Sachverhalts sollte im Asylverfahren wie im sonstigen Verwaltungsverfahren weiterhin der Amtsermittlungsgrundsatz Anwendung finden. Damit wird sichergestellt, dass die Behörden und Gerichte von sich aus alle Erkenntnismittel einschließlich der für sie zugänglichen Berichte über die Situation im Herkunftsland heranziehen müssen, und nicht etwa nur, wenn die schutzsuchende Person das im Verfahren oder in der Anhörung tut. Der Beibringungsgrundsatz stammt aus dem Zivilprozessrecht und wird dem Charakter des Asylverfahrens nicht gerecht. Es könnten dann für eine Entscheidung nur noch Beweismittel und Quellen berücksichtigt werden, die der Schutzsuchende selbst beigebracht hat. Die Regeln zur Ermittlung der relevanten Tatsachen sollten berücksichtigen, dass sich Asylsuchende häufig in einer Lage befinden, die ihnen den Nachweis von vorgetragenen Sachverhalten schwierig macht. Auch kann man nicht davon ausgehen, dass ein Asylsuchender die für einen Schutzstatus relevanten Aspekte kennt und selbständig in das Verfahren einbringen kann. Wie auch sonst im Verwaltungsverfahren ist das nach derzeit geltendem Recht Aufgabe der Behörden und Gerichte. Auch im Europarecht ist vorgesehen, dass die Behörden „sachdienliche, aktuelle und genaue Informationen über die Lage im Herkunftsland“ und „die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Antragstellers“ berücksichtigen (Art. 34 (2) Asylverfahrensverordnung). Schon nach jetzigem Recht sind Asylsuchende im Verfahren zur Mitwirkung verpflichtet und dazu, die erforderlichen Angaben wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen zu machen, sowie alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen in ihrem Besitz den Behörden vorzulegen.

Die Möglichkeiten für eine Einbürgerung von Schutzberechtigen zu den derzeitigen Kriterien beibehalten.

Die Einbürgerung von Schutzberechtigten wird anhand der Beobachtung, dass der Aufenthalt grundsätzlich ein vorübergehender sei, in Frage gestellt. In der Tat kann die Flüchtlingseigenschaft von dem Fortbestand der Gefahr abhängen und unter bestimmten Voraussetzung enden. In der Lebensrealität tritt eine solche Situation, die zu einer Beendigung des Schutzes Anlass gibt, allerdings häufig erst nach vielen Jahren ein. Daher ist nach deutschem Recht auch vorgesehen, dass Personen mit diesem Aufenthaltsgrund nach einiger Zeit eine Niederlassungserlaubnis, also einen unbefristeten Aufenthaltstitel, erwerben können. Die Integration im Aufnahmeland gehört zu den dauerhaften Lösungen, die für Flüchtlinge nach internationalen Standards angestrebt werden. Zudem sieht Artikel 34 der Genfer Flüchtlingskonvention vor, dass „[d]ie vertragschließenden Staaten so weit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung der Flüchtlinge erleichtern.“ Auch wenn dies eine weich formulierte Verpflichtung der Vertragsstaaten ist, ist zweifelhaft, ob eine Regelung, die die Einbürgerung von Personen mit einem Aufenthaltstitel als Flüchtling im Vergleich zu Personen mit anderen Aufenthaltstiteln schlechter stellen würde, mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar wäre. 

2. Familiennachzug zu subsidiär Geschützten weiterhin mindestens auf dem bisherigen Niveau ermöglichen.

Der Familiennachzug ist ein wichtiger legaler und sicherer Zugangsweg. Eine lange Trennung von nahen Angehörigen erhöht den Druck, irreguläre und unsichere Routen für die Zusammenführung zu nutzen. Mit der raschen Wiederherstellung der Familieneinheit im Rahmen des Familiennachzugs wird daher auch ungeregelter Migration entgegengesteuert.

Eine Beendigung oder Unterbrechung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützen hätte quantitativ nur geringe Auswirkungen angesichts der derzeitigen Kontingentierung auf 12.000 Visa pro Jahr. Sie würde auch den Integrationsprozess von subsidiär Schutzberechtigten erheblich behindern, der bis zur Einreise ihrer engsten Familienmitglieder oftmals von der Sorge um deren prekäre Situation im Ausland bestimmt ist.

Das Recht auf Familienleben ist gerade vor dem Hintergrund der oftmals traumatischen Erfahrungen von Flüchtlingen essentiell. Es gibt einen breiten Konsens auf internationaler und europäischer Ebene, dass Flüchtlingen aufgrund ihrer besonderen Vulnerabiliät der Familiennachzug erleichtert werden sollte. Eine Differenzierung zwischen Flüchtlingen und subsidiär geschützten Personen ist weder im Hinblick auf ihre Fluchterfahrungen noch auf ihre Schutzbedarfe oder die Dauer des Schutzes gerechtfertigt.  

3. Resettlement als wichtigen Baustein der internationalen Zusammenarbeit im bisherigen Umfang beibehalten.

Resettlement ist das zentrale Instrument des internationalen Schutzes für Flüchtlinge, die im Erstaufnahmestaat keinen effektiven Schutz bekommen können. Für den Schutz von besonders vulnerablen Flüchtlingen ist es in vielen Situationen essenziell, oftmals auch lebensrettend. Zudem ist Resettlement ein wichtiger Ausdruck von Solidarität mit Erstaufnahmeländern und trägt damit zu deren genereller Aufnahmebereitschaft bei. Drei Viertel der Flüchtlinge weltweit finden in Staaten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen Aufnahme.

Seit über zehn Jahren nimmt Deutschland weltweit und auf europäischer Ebene im Resettlement eine Führungsrolle ein und war in dieser Zeit stets ein verlässlicher Partner. Aus Sicht des globalen Flüchtlingsschutzes ist UNHCR besorgt, dass eine starke Reduzierung der Aufnahmequoten oder eine Abschaffung des Programms gerade vor dem Hintergrund der besonderen deutschen Rolle eine problematische Signalwirkung hätte. Auf der EU-Ebene würde sich dies womöglich schon in diesem Jahr niederschlagen, wenn in Anwendung der Resettlementverordnung die Zusagen der Mitgliedstaaten von Resettlementaufnahmen für 2026/27 fällig werden. Ein Wegfall oder eine deutliche Reduzierung der deutschen Quote würde sehr wahrscheinlich die Bereitschaft zum Engagement bei anderen Staaten deutlich schwächen. Nicht zuletzt nach Wegfall der Aufnahmekontingente in den USA wäre dies auch global eine Entwicklung, die schwer aufzufangen wäre. Für die Flüchtlinge, die mangels effektivem Schutz im Erstaufnahmestaat auf Resettlement angewiesen sind, würden die Chancen auf eine dauerhafte Lösung drastisch sinken.

Sobald keine Resettlementverfahren mehr stattfinden, würden Strukturen abgeschafft und das institutionelle Gedächtnis für die Durchführung würde verloren gehen. Beides könnte nur mit viel Aufwand wieder aufgebaut werden. 

4. Das Potential von Schutzberechtigten in Deutschland stärker nutzen.

Deutschland beherbergt erhebliche Zahlen von Menschen mit internationalem Schutzstatus. Ein Großteil dieser Menschen wird vermutlich längere Zeit oder dauerhaft in Deutschland bleiben. Sie sind oft sehr motiviert, eine Arbeit oder Ausbildung aufzunehmen, und bergen ein großes Potential für den Arbeitsmarkt und die deutsche Wirtschaft.

Um dieses Potential bestmöglich zu nutzen, sollte aus Sicht von UNHCR die Präsenz einer großen Zahl von motivierten Menschen mit Flüchtlingsstatus oder einem anderen Schutzstatus, ihre eventuellen Kompetenzen aus ihrer Berufsausbildung oder -erfahrung aus dem Herkunftsland nutzbar und durch Fortbildungen für den deutschen Arbeitsmarkt verfügbar zu machen. Auch die gezielte Gewinnung von Personen mit Schutzstatus für Ausbildungen in sogenannten Mangelberufen wäre in diesem Sinne ein weiterführender Ansatz. Mit anderen Worten sollte die Gewinnung von Fachkräften nicht nur aus dem Ausland erfolgen, sondern verstärkt auch durch entsprechende Aus- und Fortbildung von Personen mit Schutzstatus. Auch bei der Deckung des erheblichen Bedarfs an geringer qualifizierter Arbeit könnten Personen mit Schutzstatus eine größere Rolle spielen. 

5. Auf Veränderungen in wichtigen Herkunftsländern völker- und europarechtskonform reagieren.

Ein Schutzstatus besteht auch nach grundlegenden Veränderungen der Situation im Heimatland erst einmal fort, bis sich diese Veränderungen so konsolidiert haben, dass man von ihrer Dauerhaftigkeit ausgehen kann. Erst dann kann der Widerruf des Schutzstatus eingeleitet werden. Im Hinblick auf Syrien und die vielen Menschen aus dem Land, die als Flüchtlinge oder subsidiär Geschützte einen Schutzstatus erhalten haben, ist das derzeit nicht gegeben.

Angesichts der Veränderungen in Syrien begrüßt UNHCR die Maßnahmen zur Unterstützung einer freiwilligen Rückkehr, wenn sich Schutzberechtigte trotz der derzeitigen Ungewissheit für eine Rückkehr entscheiden. Bei der Ausgestaltung von Förderungsmaßnahmen sollte der internationale Kontext im Auge behalten werden, um eine Destabilisierung durch zu große Rückkehrerzahlen zu vermeiden.

Für Schutzberechtigte aus Syrien sollte dringend die Möglichkeit von sogenannten “go&see visits“ geschaffen werden. Sie ermöglichen Besuche im Heimatland ohne Verlust des Schutzstatus im Aufnahmeland und stellen ein zentrales Element dar, um mittelfristig eine nachhaltige freiwillige Rückkehr zu ermöglichen. Ansonsten ist zu befürchten, dass Schutzberechtigte bei einer gewissen Unsicherheit über die Situation von einer freiwilligen Rückkehr absehen, um den Schutzstatus nicht zu gefährden. 

6. Notwendige Hilfe in Flüchtlingssituationen weltweit leisten.

Internationale Hilfe, die einem multilateralen Ansatz folgt, ist auch gerade im Kontext von Fluchtsituationen ein wesentlicher Bestandteil von Außen- und Entwicklungspolitik. Sie sollte auch die deutsche Sicherheitspolitik flankieren.

Durch seine weltweite Präsenz kann UNHCR dabei als strategischer Partner helfen, komplexe Herausforderungen im Zusammenhang mit Flüchtlings- und Vertreibungskrisen zu bewältigen. 

Insbesondere kann Deutschland einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Leben zu retten, Solidarität mit den größten Aufnahmeländern zu zeigen und die betroffenen Regionen zu stabilisieren. Zugleich wird durch funktionierenden Flüchtlingsschutz vor Ort der Druck zur Weiterwanderung in Drittländer verringert. Mehr als zwei Drittel (69 %) aller Flüchtlinge auf der Welt finden in Nachbarländern Aufnahme. Fast drei Viertel (71 %) leben in Staaten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. 

Die dramatisch zunehmende Unterfinanzierung von Hilfsprogrammen ist eine enorme Herausforderung, die sich 2025 noch einmal extrem verstärkt hat. Eine Reduktion des deutschen Engagements würde diese Entwicklung weiter verschärfen. Lebenswichtige Unterstützung, etwa für die sichere Unterbringung von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen oder die Hilfe für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt, könnte sonst an vielen Orten der Welt zusammenbrechen.

Angesichts des hohen humanitären Bedarfs aufgrund der aktuellen Krisen ist es essenziell, dem Auswärtigen Amt ein ausreichendes Budget für humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland bereitzustellen, die durch längerfristige Maßnahmen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ergänzt werden. Durch eine stärkere Verzahnung von lebensrettender humanitärer Hilfe mit längerfristiger Entwicklungshilfe können nachhaltige Antworten auf Flucht- und Vertreibungskrisen gefunden werden.

Die Flexibilität deutscher humanitärer Hilfe sollte dabei gewahrt bleiben. Flexible Gelder sind effizient und bürokratiearm. So kommt die Hilfe dort an, wo sie am dringendsten gebraucht wird, und erlaubt es humanitären Akteuren, schnell auf die sich ständig ändernde Situation vor Ort zu reagieren.

Weiterhin kann Deutschland durch sein fortwährendes Engagement im Rahmen des Globalen Pakts für Flüchtlinge die Zusammenarbeit mit Aufnahmeländern stärken und Impulse setzen.

UNHCR Deutschland, April 2025