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Verzweiflung treibt Tausende Syrer nach Europa

Medienmitteilungen

Verzweiflung treibt Tausende Syrer nach Europa

8 September 2015

GENF, Schweiz – Die aktuelle Lage in Syrien und den Nachbarstaaten zwingt Tausende Syrer dazu, alles zu riskieren und sich auf die gefährliche Reise nach Europa zu begeben. Auch im fünften Jahr der Syrienkrise ist keine politische Lösung in Sicht. In Syrien verschlechterte sich die Situation während der letzten Monate zusehends. In fast allen Regionen haben sich die Kämpfe intensiviert. Es kam zu verstärkten Raketenangriffen sowie Granatbeschuss in Damaskus, einer steigenden Zahl von Fahrzeugexplosionen in Zentren wie Lattakia, Aleppo, Homs, Hassakeh und Qamishli sowie heftigen Bombardements in Zabadani und ländlichen Gebieten rund um Damaskus. Auch die drauffolgenden Vergeltungsschläge zwangen Tausenden Menschen dazu aus ihrer Heimat zu flüchten.

Die steigende Gewalt führt dazu, dass immer mehr Menschen ihre Existenzgrundlage und  ihr Zuhause verlieren. Arbeitslosigkeit in allen Bereichen und Inflation steigen rasant an und die syrische Lira hat in den letzten vier Jahren 90 Prozent ihres Wertes eingebüßt. In den meisten Teilen Syriens ist Elektrizität nur zwei bis vier Stunden am Tag verfügbar und viele Regionen kämpfen mit Wasserknappheit. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in extremer Armut. Trotz der vielen Herausforderungen und instabilen Lage unterstützt UNHCR weiterhin Hilfsbedürftige in ganz Syrien mit Hilfsgütern, Bargeld, Gesundheitsversorgung, Unterbringungsmöglichkeiten, psycho-sozialer Betreuung sowie rechtlicher Beratung.

Auch die Herausforderungen in den Nachbarländern Schutz und Sicherheit zu finden werden immer größer. Aufgrund unzureichender internationaler Unterstützung und Sicherheitsbedenken haben die umliegenden Staaten Maßnahmen zur Eindämmung der überwältigenden Flüchtlingszahlen ergriffen. Darunter fallen Zugangsbeschränkungen, verstärktes Management der Grenzen und die Einführung von beschwerlichen Auflagen, die die Flüchtlinge erfüllen müssen, um eine Verlängerung ihres Aufenthaltsrechtes zu erhalten.

Für die mehr als vier Millionen Flüchtlinge, die sich bereits in den umliegenden Ländern befinden und von denen eine Mehrzahl außerhalb von formalen Camps lebt, schwindet die Hoffnung, je tiefer sie in extreme Armut sinken. Jüngste Studien in Jordanien und dem Libanon, wo Flüchtlingsprogramme stark unterfinanziert sind, haben beispielsweise eine markante Vulnerabilitätssteigung bei Flüchtlingen festgestellt.

In Jordanien wird die Lage für die 520.000 Syrer, die sich außerhalb der Flüchtlingslager befinden, immer aussichtsloser. Nach aktuellen Einschätzungen von UNHCR befinden sich etwa 86 Prozent in urbanen und ruralen Gebieten unterhalb der Armutsgrenze und verfügen weder über Rücklagen noch über sonstigen Besitz. Folglich weisen mehr als die Hälfte aller Flüchtlingshaushalte hohe Verschuldung auf, was zwangsläufig dazu führt, dass Famlilien nicht mehr genug zu essen haben und Kinder zum Betteln auf die Straße geschickt werden.

Ein ähnlich trostloses Bild bietet der Libanon, wo die ersten Ergebnisse einer Vulnerabilitätsstudie zeigen, dass 70 Prozent der syrischen Flüchtlingshaushalte weit unterhalb der nationalen Armutsgrenze liegen, ein Wert der im Vorjahr noch bei 50 Prozent lag. Auch hier kaufen Flüchtlinge vermehrt Essen auf Kredit, nehmen ihre Kinder von der Schule und müssen betteln. Vor diesem Hintergrund musste das UN-Welternährungsprogramm  (WFP) diesen Monat 229.000 Flüchtlingen in Jordanien ihre Nahrungsmittelhilfe streichen. Diese erneute Lebensmittelkürzungen in dieser Region, ist auf fehlende Finanzierungsmittel zurückzuführen.

Das „Syria Refugee and Resilience Programme for 2015“ ist derzeit nur zu 37 Prozent finanziert. Alle Aktivitäten des Hilfsprogrammes sind hiervon betroffen. 700.000 syrische Flüchtlingskinder waren im vergangenen Schuljahr nicht in der Schule. In Kürze werden viele Flüchtlinge, die in improvisierten Unterkünften hausen, mit einem weiteren Winter im Exil fertig werden müssen.

Die Mehrheit der Flüchtlinge in Jordanien und dem Libanon hat nicht die finanziellen Ressourcen, um die kostspielige und gefährliche Reise nach Europa überhaupt in Betracht ziehen zu können. Hinzu kommt, dass es keine Aussicht auf Rückkehr nach Syrien gibt, was zu einem verstärkten Gefühl der Verzweiflung und Beklemmung  führt. Eine 25-jährige Mutter von drei Kindern aus Damaskus, die in Mafraq im nördlichen Jordanien lebt, erzählte UNHCR, dass sie sich in ihrem provisorischen Zuhause wie eine Gefangene fühlt. Außerstande hinauszugehen oder irgendetwas zu unternehmen hat sie jede Zukunftshoffnung verloren.

4.088.099 syrische Flüchtlinge sind in den Ländern rund um Syrien registriert, darunter 1.938.999 in der Türkei, 1.113.941 im Libanon, 629.266 in Jordanien, 249.463 im Irak, 132.375 in Ägypten und 24.055 in den Ländern Nordafrikas. Nur zwölf Prozent der Flüchtlinge in der Region leben in formellen Flüchtlingscamps.