Resettlement und komplementäre Zugangswege
Resettlement und komplementäre Zugangswege
Nicht selten ist sogar ihr Leben in Gefahr. Lassen die Verhältnisse im Herkunftsland eine baldige Rückkehr nicht zu, bleibt oftmals nur die Hoffnung auf Aufnahme durch andere Länder über das UNHCR Resettlement Programm oder andere sichere Zugangswege.
Ungefähr 70 % aller Flüchtlinge finden in den Nachbarstaaten von gewaltsamen Konflikten Zuflucht. Aufgrund der hohen Anzahl an Flüchtlingen, die diese Staaten aufnehmen, stossen sie häufig an ihre Kapazitätsgrenzen. Das hat zur Folge, dass viele Flüchtlinge keinen oder einen nur unzureichenden Zugang zu lebensnotwendiger Grundversorgung und grundlegenden Rechten haben.
Da eine sichere Rückkehr ins Herkunftsland oftmals in absehbarer Zeit nicht möglich ist, bemüht sich UNHCR für Flüchtlinge mit besonderem Schutzbedarf aufnahmebereite Drittstaaten zu finden. Dieses sogenannte Resettlement-Programm ermöglicht den betroffenen Flüchtlingen, sicher und koordiniert in ein solches Land zu kommen, dort dauerhaft zu bleiben und ein neues Leben zu beginnen. Der Begriff Resettlement kommt aus dem Englischen und bedeutet Neuansiedlung oder Wiederansiedlung.
Resettlement schützt nicht nur einzelne Flüchtlinge, sondern entlastet auch die Erstzufluchtstaaten und trägt so zu einer besseren internationalen Verantwortungsteilung bei. Die Zahl der bereitgestellten Resettlement-Plätze ist allerdings viel geringer ist als die Zahl der Flüchtlinge, die sie benötigten. Weniger als 3% von ihnen können tatsächlich vom Programm profitieren. Für 2025 schätzt UNHCR den Resettlement-Bedarf auf 2,9 Millionen Flüchtlinge. Um für mehr Flüchtlinge dauerhafte Lösungen zu schaffen, setzt sich UNHCR deshalb weltweit für die Ausweitung von Resettlement und anderen humanitären Aufnahmeprogrammen ein – insbesondere im Rahmen des Globalen Pakts für Flüchtlinge und der Strategie: «Third Country Solutions for Refugees: Roadmap 2030». Die meisten Resettlement-Flüchtlinge werden von den USA und Kanada aufgenommen. In Europa haben die nordischen Staaten eine lange Resettlement-Tradition, aber auch andere Staaten beteiligen sich am Programm
Um für ein Resettlement infrage zu kommen, muss man von UNHCR als Flüchtling anerkannt sein. Zudem muss feststehen, dass der Flüchtling weder in sein Herkunftsland zurückkehren noch dauerhaft im Erstzufluchtsstaat bleiben und sich dort integrieren kann. Da die Zahl der bereitgestellten Resettlement-Plätze weit unter der Anzahl bedürftiger Flüchtlinge liegt, kann UNHCR in der Regel nur Flüchtlinge für das Programm vorschlagen, die sie zu den besonders gefährdeten Personen gehören. Hierzu gehören unter anderem Folteropfer und traumatisierte Flüchtlinge, Flüchtlinge mit besonderen rechtlichen oder physischen Schutzbedürfnissen (Gefahr von willkürlicher Verhaftung oder Refoulement, d.h. eine Zurückweisung in nicht-sichere Herkunftsstaaten), kranke Flüchtlinge, deren Behandlung im Erstzufluchtsstaat nicht gewährleistet ist, gefährdete Frauen und Mädchen, gefährdete ältere Flüchtlinge oder gefährdete Kinder und Jugendliche. Religiöse oder ethnische Zugehörigkeiten sind keine Auswahlkriterien. Personen, die schwere Verbrechen begangen haben oder eine Gefahr für andere darstellen, werden von UNHCR nicht für Resettlement vorgeschlagen.
Was ist Resettlement von Flüchtlingen und was ist dabei die Rolle von UNHCR?
Resettlement in die Schweiz
Die Schweiz hat sich in der Vergangenheit regelmässig an Resettlement-Programmen beteiligt und immer wieder Flüchtlingsgruppen aufgenommen, so etwa für Flüchtlingsgruppen aus Ungarn, Tibet, Indochina (Boat People), Chile, Irak, Sudan, Tunesien und Ex-Jugoslawien.
Seit 2013 engagiert sich die Schweiz wieder im Resettlement-Programm von UNHCR, seit 2018 in regelmässigen vom Bundesrat verabschiedeten zweijährigen Programmen von 800 Plätzen pro Jahr. Insgesamt hat die Schweiz seither rund 4‘000 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufgenommen. In den letzten Jahren hat das Programm vor allem syrischen, afghanischen und sudanesischen Flüchtlingen, die in prekären Situationen im Libanon, in der Türkei und in Ägypten lebten, die Aufnahme in der Schweiz ermöglicht. Aufgrund der gegenwärtig hohen Zahl von neuangekommenen Asylsuchenden, ist das Programm seit April 2023 ausgesetzt.
Im Hinblick auf die stetig wachsende weltweite Nachfrage empfiehlt UNHCR der Schweiz:
- Die Aussetzung des Resettlement-Programms aufzuheben. Die Bedürfnisse der Resettement-Flüchtlinge sind im Voraus bekannt, sodass die Ankünfte flexibel geplant werden und an die verfügbaren Unterbringungskapazitäten angepasst werden können.
- Durch die Fortführung des Resettlement-Programms sicherzustellen, dass das internationale Engagement für Flüchtlinge nachhaltig und kohärent ist.
- Plätze zur Verfügung zu stellen, die nicht bestimmten Herkunftsländer zugewiesen sind, um auf neue dringende Resettlement-Bedürfnisse reagieren zu können.
Wichtige Informationen über Resettlement
• Es ist nicht möglich, sich für das Resettlement-Programm zu bewerben. Die in Frage kommenden Personen werden direkt von UNHCR vor Ort kontaktiert. Hierzu zieht UNHCR Informationen aus der Flüchtlingsregistrierung heran. Deswegen ist es wichtig, dass sich Flüchtlinge von UNHCR registrieren lassen.
• Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme der Flüchtlinge in die Schweiz liegt jedoch bei den Schweizer Behörden. UNHCR hat keinen Einfluss auf diesen Entscheid.
• Aufgrund der beschränkten Plätze ist es, selbst wenn alle oben genannten Kriterien erfüllt sind, für viele Flüchtlinge nicht möglich, am Aufnahmeprogramm teilzunehmen. UNHCR und Partnerorganisationen verlangen im Zusammenhang mit dem Aufnahmeprogramm niemals die Zahlung von Geld oder andere Gegenleistungen. Sollte Ihnen bekannt werden, dass im Rahmen der Auswahl und Aufnahme von Flüchtlingen Geldzahlungen oder sonstige Gegenleistungen gefordert werden, bitten wir Sie eine Beschwerde einzureichen.
Komplementäre Zugangswege
Als komplementäre Zugangswege werden das Resettlement Programm ergänzende sichere und geregelte Zugangswege in Drittstaaten bezeichnet, die dem Flüchtling dauerhaften Schutz und Zugang zur Integration bieten. Sie sind meistens verbunden mit einem Engagement der Zivilgesellschaft, von Städten, Gemeinden, Universitäten oder anderen Akteuren. Damit solche Programme entwickelt werden können, bedarf es jedoch eines entsprechenden rechtlichen Rahmens und der Zustimmung der zuständigen Behörden. Diese sind nicht rechtlich nicht verpflichtet, solche Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Komplementäre Zugangswege werden abgegrenzt von Verfahren zur Familienzusammenführung, die der Umsetzung des in den internationalen Menschenrechtsinstrumenten verankerten Rechts auf Familienleben dienen.
Beispiele für komplementären Zugangswege sind:
- Community oder private Sponsorship: hier unterstützen zivilgesellschaftliche Organisationen oder Gemeinschaften, bzw. Privatpersonen die Aufnahme und Integration von Personen, die im Rahmen des Resettlement oder anderer Zugangswege aufgenommen wurden, durch finanzielle, administrative oder emotionale Unterstützung.
- Humanitäre Zugangswege: Personen, die dringend internationalen Schutz benötigen, werden so rasch wie möglich in ein Drittland aufgenommen.
- Arbeits- Bildungszugangswege: geben Flüchtlingen die Möglichkeit zum Zweck der Arbeitsaufnahme oder Ausbildung temporär oder dauerhaft in ein Drittland zu kommen.
Sichere Zugangswege in die Schweiz
In der Schweiz gibt es folgende sichere Zugangswege:
Humanitäres Visum: Ausländische Staatsangehörige können bei einer schweizerischen Auslandsvertretung einen Antrag auf ein humanitäres Visum stellen, welches zur Einreise in die Schweiz ermächtigt. Nach gegenwärtiger Praxis wird dieses nur in Ausnahmefällen erteilt, „wenn im Einzelfall offensichtlich davon auszugehen ist, dass der Antragsteller unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist.» Bei Personen, die sich bereits in einem Drittstaat befinden, wird in der Regel davon ausgegangen, dass keine Gefährdung mehr besteht.
Familienzusammenführung: Die Möglichkeiten der Familienzusammenführung in der Schweiz sind beschränkt und es gelten je nach Aufenthaltsstatus unterschiedliche Bedingungen (siehe entsprechende Website).
UNHCR setzt sich dafür ein, dass
- rechtliche und praktische Hindernisse für die Vergabe eines humanitären Visums abgebaut werden;
- in der Schweiz in Partnerschaft zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren Community-Sponsorship-Modelle entwickelt werden;
- bestehende Migrationsinstrumente in Partnerschaft mit Bildungsinstitutionen und der Privatwirtschaft angepasst oder neue Mechanismen geschaffen werden, damit qualifizierte Flüchtlinge unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation Zugang zu Arbeits- oder Studienmöglichkeiten in der Schweiz haben.
UNHCR Dokumente zum Resettlement und den komplementären Zugangswegen
Hier finden Sie kurze Informationen zum Resettlement in der Schweiz und auf der ganzen Welt – auf Deutsch oder Französisch.
Hier finden Sie die wichtigsten UNHCR-Empfehlungen zu Resettlement und komplementären Zugangswegen – auf Deutsch oder Französisch.
Studie über die komplementären Zugangswege – UNHCR betont die Notwendigkeit von Verbesserungen (nur auf Deutsch verfügbar) – Oktober 2022
Informieren Sie sich über den Prozess des Resettlements direkt durch die Erfahrungen von Flüchtlingen, die dank des Resettlement-Programmes in die Schweiz gekommen sind – auf Deutsch und Französisch.
Dieser Bericht präsentiert die Ergebnisse des von UNHCR organisierten Runden Tischs am 11. Dezember 2017 zu dem Thema: „Förderung von Resettlement durch Private Sponsorship-Programme – eine verstärkte Rolle für die Schweizer Zivilgesellschaft?“
Hintergrundnotiz zum Runden Tisch «Förderung von Resettlement durch Private SponsorshipProgramme – eine verstärkte Rolle für die Schweizer Zivilgesellschaft?» – auf Französisch, Deutsch und Englisch
Weitere nützliche Informationen
Übersicht des Staatssekretariates für Migration (SEM) über Bundesratsbeschlüsse zu Resettlement-Programme seit 2013
Detaillierte Informationen vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) zur Beantragung eines humanitären Visums.
Verordnung über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) vom 15. August 2018