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„Ich bin Zaker. Aus Afghanistan und aus Vorarlberg.“

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„Ich bin Zaker. Aus Afghanistan und aus Vorarlberg.“

14 Februar 2020
Zaker Soltani fühlt sich in Wien wohl, hängt aber auch an seiner zweiten Heimat Vorarlberg. © UNHCR/Bernhard Madlener

Schon als Kind war Zakers Lieblingsfach in der Schule der Zeichenunterricht. „Ich habe immer geübt und Dinge abgezeichnet. Malen ist meine Leidenschaft“, erzählt er. Nachdem er einige Malkurse besuchen und die Grundtechniken der Malerei erlernen konnte, gibt es für ihn nach seiner Flucht nach Europa zuerst andere Prioritäten.

In Österreich angekommen, macht er sich zum Ziel, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen. Obwohl die Deutschkurse zu dieser Zeit stark überbelegt sind, kommt Zaker immer früher und besonders motiviert zu seinem Kurs. Die Zeit in der Nähe von Wien genießt der junge Mann sehr. „Ich war mindestens dreimal pro Woche im Museum“, erinnert er sich.

Doch dann soll er zusammen mit dreizehn anderen jungen unbegleiteten Flüchtlingen nach Vorarlberg. Am Anfang überwiegt beim damals 15-Jährigen aus Afghanistan die Skepsis gegenüber seinem neuen Wohnort. „Ich dachte mir, Vorarlberg ist so weit weg von Wien und den Museen“, schmunzelt er. Doch heute ist das westlichste Bundesland Österreichs für ihn zu einer zweiten Heimat geworden.

Zaker geht in Feldkirch zur Schule und schafft es mit viel Motivation und Ehrgeiz aufs Gymnasium. Er findet dort Freunde und Menschen, die ihn unterstützen. Unter ihnen ist auch ein Vorarlberger Künstler, der sein Talent weiter fördert.

„In Vorarlberg habe ich auch das erste Mal an einem Aktzeichenkurs teilgenommen. Das war eine ganz neue Erfahrung für mich, live jemanden zu zeichnen“, erklärt Zaker. 2013 veranstaltet er seine erste Ausstellung in Lauterach, weitere Ausstellungen in Vorarlberg und der Schweiz folgen.

In seinen frühen Werken beschäftigt sich Zaker vor allem mit dem Thema Flucht. Einige seiner großformatigen Bilder zeigen junge Menschen oder Kinder auf der Flucht oder hinter Gitterstäben. Heute bevorzugt Zaker, der mittlerweile in Wien Kunstgeschichte studiert, in seinen Werken vermehrt andere Motive.

„Am Anfang war Flucht ein wichtiges Thema meiner Arbeit. Heute fühle ich mich weniger als Flüchtling und mehr als Teil der Gesellschaft. Aber ich schäme mich nicht, dass ich als Flüchtling nach Österreich gekommen bin“, betont er.

Inspiration zieht Zaker vor allem aus seinem Studium der Kunstgeschichte. Momentan setzt er sich auch mit islamischer Kunst, Kalligrafie und Architektur auseinander und hat ein spezielles Interesse für Ziegelbauten entdeckt.

In seinem Atelier setzt er seine zahlreichen Ideen um, bemalt beispielsweise Schaufensterpuppen mit Kalligrafie oder übermalt seine Leinwände mehrmals, bis er mit dem Ergebnis zufrieden ist. „Mein Atelier ist ziemlich chaotisch. Da schaut es oft aus wie in einem Mülleimer“, lacht der Künstler.

 

Für Zaker ist es wichtig, auf eigenen Beinen zu stehen. „Am Anfang habe ich Unterstützung bekommen, aber jetzt möchte ich unabhängig sein.“ Deshalb arbeitet er auch neben dem Studium in einem bekannten Museum als Aufsichtsperson und hat bereits einen Plan für ein weiteres Masterstudium, nämlich Deutsch als Fremdsprache.

Ob er schon immer so zielstrebig war? Zaker überlegt kurz und nickt dann. „Ich musste bereits als Kind arbeiten, um meine Familie zu unterstützen.“

Wenn Zaker über sein Geburtsland Afghanistan spricht, merkt man ihm an, dass er dort auch vieles vermisst. „Afghanistan ist nicht nur Krieg und Taliban, sondern auch ein Land mit reicher Geschichte und Kultur.“ Er hat einen Tipp für Menschen, die mehr über seine Herkunft wissen wollen: „Fragt nicht nur nach dem Krieg. Fragt nach Künstlern und Schriftstellern. Es gibt so viel darüber zu erzählen.“

Das Image, das Menschen aus Afghanistan in Österreich haben, bedrückt Zaker sehr. Er ist in vielen Situationen damit konfrontiert und muss sich oft rechtfertigen. „Viele Medien berichten Schlechtes über junge Afghanen. Jeder Mensch ist ein Individuum. Wenn jemand etwas falsch macht, ist nicht sein Heimatland schuld daran“, bekräftigt er. Für den jungen Künstler sind vor allem positive Beispiele wichtig, die vor den Vorhang geholt werden müssen. Dass auch er dazu beitragen kann, macht ihn stolz.

„Flucht ist ein Teil meiner Geschichte. Aber manche Menschen sprechen von mir nur als ‚dem Flüchtling‘“, erzählt Zaker noch. „Ich bin einfach Zaker. Aus Afghanistan und aus Vorarlberg.“