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Asylabkommen zwischen Großbritannien und Ruanda: UN-Chefs warnen vor Folgen

Pressemitteilungen

Asylabkommen zwischen Großbritannien und Ruanda: UN-Chefs warnen vor Folgen

23 April 2024

Nachdem das Gesetz über die Sicherheit Ruandas ("Safety of Rwanda"-Bill) vom britischen Parlament verabschiedet wurde, haben zwei führende UN-Vertreter erneut Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen geäußert, die dieses Gesetz auf die globale Verantwortungsteilung, die Menschenrechte und den Flüchtlingsschutz haben wird.

Filippo Grandi, der UN-Flüchtlingshochkommissar, und Volker Türk, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, appellieren an die britische Regierung, ihre Pläne zur Überstellung von Asylsuchenden nach Ruanda zu überdenken. Stattdessen fordern sie praktische Maßnahmen zur Bewältigung irregulärer Flucht- und Migrationsbewegungen, die auf internationaler Zusammenarbeit und der Achtung der internationalen Menschenrechtsnormen basieren.

Das Gesetz „Safety of Rwanda (Asylum and Immigration) Bill“ (auf Deutsch Gesetz über die Sicherheit Ruandas, Asyl und Migration) wurde dem Parlament zusammen mit dem Abkommen über die Asylpartnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda vorgelegt. Diese Vorschläge wurden ausgearbeitet, nachdem der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs im vergangenen Jahr festgestellt hatte, dass die geplante Überstellung von Asylsuchenden nach Ruanda gegen Völkerrecht und britisches Recht verstoßen würde. Der Gesetzesentwurf und das Abkommen beseitigen jedoch in der Praxis nicht die vom Obersten Gerichtshof festgestellten Schwächen. Vielmehr werden sie nach ihrer Verabschiedung die Gerichte des Vereinigten Königreichs daran hindern, Abschiebungsentscheidungen ordnungsgemäß zu überprüfen. Dies bedeutet, dass Asylsuchende nur begrenzte Rechtsmittel zur Verfügung stehen, selbst wenn sie erheblichen Risiken ausgesetzt sind.

„Die neue Gesetzgebung ist ein weiterer Schritt weg von der langen Tradition des Vereinigten Königreichs, Menschen in Not Schutz zu gewähren und verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention“, sagte Grandi. „Der Schutz von Flüchtlingen erfordert, dass alle Länder - nicht nur die Nachbarländer von Krisengebieten - ihren Verpflichtungen nachkommen. Dieses Abkommen versucht, die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz zu verlagern, was die internationale Zusammenarbeit untergräbt und einen besorgniserregenden globalen Präzedenzfall schafft“, sagte Grandi.

„Das Vereinigte Königreich kann auf eine stolze Geschichte effektiver und unabhängiger gerichtlicher Kontrolle zurückblicken. Es könnte noch immer die richtigen Schritte setzen und Maßnahmen ergreifen, um die Faktoren zu bekämpfen, die Menschen dazu veranlassen, ihre Heimat zu verlassen, und die Verantwortung für schutzbedürftige Personen mit europäischen und anderen internationalen Partnern zu teilen", fügte er hinzu.

Der Schlüssel dazu ist ein gerechtes, effizientes und gut funktionierendes Migrations- und Asylsystem, das schutzbedürftigen Menschen Zugang zu Schutz gewährt und die Rückkehr derjenigen ermöglicht, die kein Recht auf einen legalen Aufenthalt haben.

In Anerkennung der Herausforderungen, die mit der irregulären Bewegung von Flüchtlingen und Migrant*innen, oft unter gefährlichen Umständen, verbunden sind, äußerten die UN-Vertreter jedoch große Besorgnis darüber, dass das Gesetz Überstellungen im Rahmen des Asylabkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda erleichtern würde, ohne die individuellen Umstände der Betroffenen oder mögliche Schutzrisiken ausreichend zu berücksichtigen.

Sie forderten das Vereinigte Königreich stattdessen auf, die praktische Zusammenarbeit mit Ländern entlang der Flucht- und Migrationsrouten zu intensivieren, um die Menschen dort besser zu schützen und echte Alternativen zu bieten. Dazu gehört auch die Ausweitung sicherer und regulärer Zugänge zu Schutz.

„Durch die Verlagerung der Verantwortung für Flüchtlinge, die Einschränkung der Möglichkeiten britischer Gerichte, Abschiebungsentscheidungen zu überprüfen, die Beschränkung des Zugangs zu Rechtsmitteln im Vereinigten Königreich und die Einschränkung des nationalen und internationalen Menschenrechtsschutzes für eine bestimmte Gruppe von Menschen untergräbt dieses neue Gesetz die Rechtsstaatlichkeit im Vereinigten Königreich und schafft einen gefährlichen Präzedenzfall in der Welt“, sagte Türk.

„Für den Schutz der Menschenrechte und der Würde von Schutz suchenden Flüchtlingen und Migrant*innen ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle Abschiebungen aus dem Vereinigten Königreich nach einer Bewertung der spezifischen individuellen Umstände unter strikter Einhaltung der internationalen Menschenrechte und des Flüchtlingsrechts erfolgen.“

Die neue Gesetzgebung ist die dritte in einer Reihe von zunehmend restriktiven britischen Gesetzen, die seit 2022 den Zugang zum Flüchtlingsschutz im Vereinigten Königreich untergraben haben, u. a. durch das Verbot des Zugangs zu Asyl oder anderen Formen der Aufenthaltsgenehmigung im Vereinigten Königreich für Personen, die irregulär über ein Drittland einreisen. Im Falle einer Umsetzung würde dies den Weg dafür ebnen, dass Asylsuchende, darunter auch Familien mit Kindern, kurzerhand nach Ruanda geschickt werden könnten, um dort ihren Asylantrag zu stellen, ohne Aussicht auf eine Rückkehr ins Vereinigte Königreich. Außerdem würden die Möglichkeiten der Asylsuchenden, gegen Abschiebungsentscheidungen vorzugehen, drastisch eingeschränkt, da die mit den Fällen befassten Verwaltungsbeamten und Richter davon ausgehen müssen, dass Ruanda in Bezug auf den Schutz von Asylsuchenden als „sicheres“ Land einzustufen ist - ungeachtet aller gegenteiligen Beweise, die jetzt oder in Zukunft vorliegen. Diese Situation ist umso besorgniserregender, als das Gesetz die Regierung ausdrücklich dazu ermächtigt, alle vorläufigen Anordnungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu ignorieren.