UNHCR warnt vor Angriffen auf das Asylrecht an Europas Grenzen
UNHCR warnt vor Angriffen auf das Asylrecht an Europas Grenzen
Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR ist alarmiert über die Zunahme von Abschiebungen und „Pushbacks“ – also direkte Zurückweisungen – von Flüchtlingen und Asylsuchenden an Europas Land- und Seegrenzen. UNHCR fordert die betreffenden Staaten auf, diese Vorgehensweisen zu untersuchen und zu beenden.
„UNHCR hat laufend Berichte über einige europäische Staaten erhalten, die den Zugang zu Asyl einschränken, Menschen zurückschieben, nachdem sie bereits deren Hoheitsgebiet oder Hoheitsgewässer erreicht haben, und Gewalt gegen sie an den Grenzen anwenden“, sagte die Stellvertretende UN-Flüchtlingshochkommissarin, Gillian Triggs.
„Die ,Pushbacks‘ werden auf gewaltsame und offenbar systematische Weise durchgeführt. Boote mit Flüchtlingen werden zurückgeschleppt. Die Menschen werden nach der Anlandung zusammengetrieben und dann zurück aufs Meer gebracht. Viele Menschen haben von Gewalt und Missbrauch durch staatliche Akteure berichtet.“
Menschen, die auf dem Landweg ankommen, werden auch ohne jegliches Verfahren inhaftiert und zwangsweise in Nachbarländer zurückgeschoben, ohne ihren Schutzbedarf zu klären.
Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und EU-Recht verpflichten die Staaten das Recht um Asyl nachzusuchen und den Grundsatz des Non-Refoulement – also Menschen, die vor schweren Menschenrechtsverletzungen fliehen, nicht zurückzuschicken – zu garantieren, selbst wenn sie irregulär einreisen. Die Behörden können Menschen nicht automatisch die Einreise verweigern oder sie zurückschieben, ohne eine individuelle Prüfung des Schutzbedarfs vorzunehmen.
„Bei der Achtung von Menschenleben und Flüchtlingsrechten gibt es keine Wahl, sondern eine rechtliche und moralische Verpflichtung. Während Länder das legitime Recht haben, ihre Grenzen in Übereinstimmung mit internationalem Recht zu kontrollieren, müssen sie dabei auch die Menschenrechte respektieren. ,Pushbacks‘ sind schlicht und einfach illegal“, sagte Triggs.
„Das Recht, Asyl zu suchen, ist ein grundlegendes Menschenrecht. Die COVID-19-Pandemie ist kein Grund für eine Ausnahme; es ist möglich, sich vor der Pandemie zu schützen und den Zugang zu fairen und zügigen Asylverfahren zu gewährleisten.“
Das UN-Flüchtlingshochkommissariat hat seine Besorgnis gegenüber den europäischen Staaten bereits geäußert. UNHCR fordert die dringende Untersuchung von Verstößen und Misshandlungen, die sich auf glaubwürdige Zeugenaussagen stützen und die von Nichtregierungsorganisationen, Medien und Open-Source-Berichterstattung bestätigt werden.
„Wir plädieren für die Einrichtung nationaler unabhängiger Überwachungsmechanismen, um den Zugang zu Asyl zu gewährleisten,
Rechtsverletzungen an den Grenzen zu verhindern und sicherzustellen, dass Verantwortung übernommen wird. Ein unabhängiges Monitoring wird auch im EU-Paket vorgeschlagen und wir fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, dies zu unterstützen“, so Triggs.
Die Zahl der Ankünfte in der EU geht jedes Jahr weiter zurück. Die Zahl der Menschen, die 2020 auf dem See- und Landweg angekommen sind (95.000), ist im Vergleich zu 2019 (123.700 Personen) um 23 Prozent und im Vergleich zu 2018 (141.500) um 33 Prozent gesunken.
„Bei so wenigen Ankünften in Europa sollte dies eine gut zu bewältigende Situation sein. Es ist bedauerlich, dass das Thema Asyl trotz dieser rückläufigen Zahlen weiterhin politisch aufgeladen ist und zu gesellschaftlicher Spaltung führt.“
UNHCR erkennt an, dass einige Staaten eine überproportionale Verantwortung bei der Aufnahme von Neuankömmlingen tragen. UNHCR ruft daher andere europäische Staaten und die EU dazu auf, Solidarität zu zeigen und sie zu unterstützen.
UNHCR appelliert weiterhin an die europäischen Staaten, ihre bestehenden Verpflichtungen beim Flüchtlingsschutz einzuhalten, indem sie Asylsuchenden an ihren Grenzen Zugang gewähren, sie auf See retten und ihre Ausschiffung erlauben sowie neu ankommende Asylsuchende registrieren und unterstützen.
UNHCR ist jederzeit bereit, die Staaten bei der Erfüllung dieser internationalen Schutzverpflichtungen zu unterstützen.