Ukraine-Krieg hinterlässt nach zwei Jahren Millionen Vertriebene im Ungewissen
Ukraine-Krieg hinterlässt nach zwei Jahren Millionen Vertriebene im Ungewissen
Nach zwei Jahren Krieg in der Ukraine mit massiven Zerstörungen und anhaltendem Beschuss und Raketenangriffen im ganzen Land ist die Zukunft von Millionen Vertriebenen weiterhin ungewiss.
Während der Krieg weiter wütet, ist die humanitäre Lage in der Ukraine nach wie vor katastrophal. Rund 40 Prozent der Bevölkerung benötigen humanitäre Hilfe und Schutz. Für zahlreiche Menschen stellt dies keine neue Erfahrung von Krieg und Vertreibung, denn in dieser Woche jährt sich der Ausbruch des Konflikts in der Ostukraine zum zehnten Mal.
Aktuell haben fast 6,5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine weltweit Zuflucht gesucht, während etwa 3,7 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben sind. Nach den vorläufigen Ergebnissen einer aktuellen Umfrage von UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, äußerte die große Mehrheit der Befragten nach wie vor den Wunsch, eines Tages in ihre Heimat zurückzukehren. Zwei Drittel der Flüchtlinge (65 Prozent) und fast drei Viertel der Binnenvertriebenen (72 Prozent) wollen nach Hause zurück. Dieser Anteil ist jedoch zurückgegangen, da sich immer mehr Menschen durch den anhaltenden Krieg verunsichert fühlen.
Neue Umfrage zeigt: Sicherheitslage bleibt größtes Rückkehrhindernis
Die UNHCR-Umfrage "Lives on Hold: Intentions and perspectives of refugees, refugee returnees and internly displaced peoples from Ukraine" (Leben in der Warteschleife: Absichten und Perspektiven von Flüchtlingen, Flüchtlingsrückkehrern und Binnenvertriebenen aus der Ukraine) basiert auf Interviews, die im Januar und Februar dieses Jahres mit rund 9.900 ukrainischen Flüchtlings-, Binnenvertriebenen- und Rückkehrerhaushalten durchgeführt wurden.
Die befragten Vertriebenen nannten die vorherrschende Unsicherheit in der Ukraine als Hauptfaktor, der ihre Rückkehr behindert. Andere Bedenken betrafen den Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten und Wohnraum. Eine der vorrangigen Aufgaben von UNHCR ist es, Häuser in der Ukraine zu reparieren, damit die Menschen in ihren eigenen Wohnungen bleiben können. Bislang wurden mehr als 27.500 Häuser repariert. Von den in der Ukraine befragten Rückkehrern gaben jedoch mehr als die Hälfte - 55 Prozent - an, dass es weniger Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, als sie erwartet hatten.
Rund 59 Prozent erwägen eine Rückkehr aufgrund von Problemen in den Aufnahmeländern
Besorgniserregend ist die Tatsache, dass eine beträchtliche Anzahl der befragten ukrainischen Flüchtlinge - etwa 59 Prozent - eine Rückkehr in ihre Heimat in Betracht ziehen, obwohl dies nicht ihre bevorzugte Option ist, insbesondere angesichts des anhaltenden Krieges. Dennoch sind sie in den Aufnahmeländern weiterhin mit Problemen konfrontiert, insbesondere in Bezug auf Arbeitsmöglichkeiten und Rechtsstatus. Dies könnte ihre Entscheidung beeinflussen.
Frühere Berichte zeigen auch, dass Flüchtlinge mit besonderen Bedürfnissen und gefährdeten Gruppen, darunter ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, ebenfalls eine Rückkehr in Betracht ziehen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn sie glauben, dass ihnen keine Alternativen mehr bleiben.
Das Besondere an der Flüchtlingssituation im Zusammenhang mit der Ukraine ist, dass besonders viele Familien getrennt sind. Viele Männer bleiben in der Ukraine. Diese Situation stellt sowohl für diejenigen, die gezwungen sind, das Land zu verlassen, als auch für diejenigen, die ohne familiäre Unterstützung zurückbleiben, oft eine große Herausforderung dar. Der Bericht verdeutlicht, dass die Wiedervereinigung von Familien ein Hauptgrund für Flüchtlinge war, dauerhaft in ihre Heimat zurückzukehren.
Kurzbesuche können helfen, fundierte Rückkehrentscheidungen zu treffen
Mehr Flüchtlinge reisen nun zu kurzfristigen Besuchen in die Ukraine - etwa 50 Prozent im Vergleich zu 39 Prozent im letzten Jahr. Der Hauptgrund ist, Familienmitglieder zu besuchen, aber auch, um nach Eigentum zu sehen. Nach Ansicht von UNHCR können solche Besuche dazu beitragen, fundierte Entscheidungen über eine längerfristige Rückkehr zu treffen, sobald die Bedingungen dies zulassen.
UNHCR fordert die Aufnahmestaaten auf, einen flexiblen Ansatz für kurzfristige Besuche von Flüchtlingen in der Ukraine beizubehalten und dafür zu sorgen, dass der Rechtsstatus von Flüchtlingen und die damit verbundenen Rechte in einem Aufnahmestaat nicht durch Besuche von weniger als drei Monaten beeinträchtigt werden. Der Schutz und die Bedürfnisse der Flüchtlinge müssen gewährleistet sein, bis sie freiwillig und dauerhaft in Sicherheit und Würde nach Hause zurückkehren können.
Trotz großer Solidarität in den letzten zwei Jahren ist Hilfe weiterhin notwendig
Solange der Krieg andauert, benötigen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und andere vom Krieg betroffene Menschen dringend Unterstützung. Die Kraft der Menschen ist nach wie vor groß, und in vielen Gebieten sind die Wiederaufbaubemühungen bereits in vollem Gange. Doch muss diese Unterstützung fortgesetzt werden, da sonst der Schutz der Menschen in der Ukraine gefährdet wird.
UNHCR braucht 993,3 Millionen Dollar für die betroffenen Menschen, davon 599 Millionen Dollar für die Arbeit in der Ukraine selbst und den Rest für die Unterstützung der Flüchtlinge in den Aufnahmeländern.
Der Stand der Finanzierung für die Ukraine beläuft sich derzeit auf nur 13 Prozent. UNHCR könnte gezwungen sein, wichtige Aktivitäten in der Ukraine und in den Nachbarländern einzuschränken, wenn weitere Gelder nicht rechtzeitig kommen.
Die Menschen in der Ukraine, die täglich mit den Auswirkungen dieses Krieges leben, dürfen nicht vergessen werden. Wir haben eine massive Welle der Solidarität und Unterstützung für die Ukraine erlebt, und diese dringend benötigte Unterstützung darf jetzt nicht aufhören.