Tschad erwartet weitere Flüchtlinge aus dem Sudan
Tschad erwartet weitere Flüchtlinge aus dem Sudan
UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, befürchtet zunehmend, dass mehr Flüchtlinge aus der Darfur-Region im Sudan im benachbarten Tschad Schutz suchen – und das, obwohl schon heute Wasser und andere grundlegende Dinge knapp sind.
Fast ein Jahr nach Ausbruch des Bürgerkriegs im Sudan benötigt das Nachbarland Tschad dringend mehr humanitäre Hilfe, um das fragile sozioökonomische Umfeld insbesondere in den östlichen Flüchtlingsregionen zu stabilisieren. Nur so könne das Land seine großzügige Haltung gegenüber Flüchtlingen fortsetzen.
Der Tschad braucht Hilfe für seine Hilfe
"Die tschadischen Behörden sind besorgt, dass in den nächsten Wochen noch mehr hungrige sudanesische Familien kommen werden", sagte Kelly T. Clements, stellvertretende Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, am Freitag. Clements ist derzeit im Tschad für politische Gespräche, aber auch, um sich über die Hilfe für die Flüchtlinge zu informieren. "Das Land ist entschlossen, seine Grenzen offen zu halten, trotz der Fragilität dieser Region. Dies wird jedoch eine noch größere Belastung für den Tschad darstellen, der so großzügig Flüchtlinge aus dem seit fast einem Jahr wütenden Krieg im Sudan und andere Flüchtlinge aus früheren Notsituationen aufgenommen hat."
Im Dezember hatte das Welternährungsprogramm die Rationen für einige Flüchtlingsgruppen im Land wegen fehlender Gelder ausgesetzt. Daraufhin rief die Regierung den Notstand wegen Lebensmittelknappheit aus. Seit mehr als einem Monat konnten keine Nahrungsmittel mehr aus dem Tschad über die Grenze nach Darfur gebracht und verteilt werden – das lässt die Sicherheitslage nicht zu. Viele Hilfsorganisationen, auch UNHCR, sind extrem besorgt wegen dieser Entwicklung.
90 Prozent der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder
Rund 90 Prozent der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder, wobei 77 Prozent der Frauen allein oder mit Kindern im Tschad ankommen. Viele von ihnen waren geschlechtsspezifischer Gewalt, auch Vergewaltigungen, ausgesetzt und benötigen nun umfassende Unterstützung. UNHCR leistet medizinische und teilweise psychologische Unterstützung - aber es wird noch viel mehr benötigt.
"Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge ist in den vergangenen Monaten etwas zurückgegangen, aber das könnte sich schnell ändern", sagte UNHCR-Vize Clements weiter. "Selbst wenn nicht noch mehr Menschen kommen, übersteigt der Bedarf die Kapazitäten der humanitären Organisationen bei weitem. Es ist zu befürchten, dass der Grenzregion eine weitere schwere Saison bevorsteht, bevor heftige Regenfälle die Camps heimsuchen werden. Die Ressourcen sind knapp und die Gelder für humanitäre Hilfe sind äußerst spärlich bemessen. Die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit müssen sich schnellstens engagieren. Ohne eine konzertierte Aktion, die dem Tschad mehr Mittel zur Verfügung stellt, könnte sich die schlimme Lage sehr bald noch weiter verschlimmern.
Tschad: Niemand nimmt pro Kopf mehr Flüchtlinge auf
Bis Mitte Februar wurden mehr als 553 150 neue Flüchtlinge aus dem Sudan gezählt. Damit ist der Tschad das größte Aufnahmeland sudanesischer Flüchtlinge seit dem Ausbruch des brutalen Krieges Mitte April 2023. Insgesamt beherbergt der Tschad nun 1,1 Millionen Flüchtlinge und ist damit pro Kopf der Bevölkerung das größte Aufnahmeland Afrikas. Unter den Flüchtlingen sind auch Sudanesen, die bereits vor dem jüngsten Krieg in den Tschad gekommen sind, sowie weitere Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik, Nigeria und Kamerun. Außerdem leben im Tschad fast eine halbe Million Binnenflüchtlinge und Rückkehrer.
Bisher nur vier(!) Prozent des benötigten Geldes da
Im ersten Jahr der gegenwärtigen Krise hat sich UNHCR in Zusammenarbeit mit den Behörden darauf konzentriert, sudanesische Flüchtlinge von der Grenze weg in sicherere Gebiete zu bringen. Etwa 260.000 Menschen wurden so zu neuen Plätzen gefahren, ältere Standorte wurden von der Organisation für neue Schutzsuchende erweitert. Derzeit warten 160.000 Flüchtlinge auf ihre Umsiedlung. Es wird immer schwieriger, neue Standorte zu finden, und die Einrichtung von Unterkünften würde viele weitere Millionen kosten – Geld, das nicht verfügbar ist.
Die Programme für die Vertriebenen im Tschad sind mit einem chronischen Finanzierungsdefizit konfrontiert. Für das Jahr 2024 benötigt allein UNHCR 319,5 Millionen Dollar, von denen bisher nur vier Prozent finanziert wurden.